Being punk but can’t misbehave

Drüben auf dem Hügel mitten im Dorf stand die kleine Kirche schon seit Jahrhunderten. Soviel war sicher. Das Mittelschiff, dessen steinerner Boden angenehm kühl blieb, war angefüllt mit Generationen hölzerner Bänke. Über diesen erhob sich eine lichte Kuppel, die noch von gleichem Weiß, wie sie am ersten Tag gewesen war. An jedem Sonntag trugen Menschen ihre Zeit herein, schliffen sie entlang an den gekalkten Wänden, bis diese nach und nach ergrauten. So stand der Küster in der Pflicht, die Wände alle 50 Jahre noch einmal nachweißen zu lassen. Dies aber musste wieder etwas her sein, denn obschon die Bänke sich seit dem letzten Male doch etwas geleert hatten, waren die dunklen Streifen neben ihnen deutlich zu erkennen. Die Menschen störte das kaum, konnten sie sich doch die Zeit damit vertreiben, die entstanden Muster zu betrachten, während aus heisernen Männerkehlen neben ihnen ein Ehre sei Gott in der Höhe erschallte.
Als ich diese Kirche betrat, hatte sich etwas getan. Die altherrgebrachte Ordnung, nach der die Männer sich auf die rechte, die Frauen auf die linke Seite des sakralen Raumes aufteilten, war obsolet geworden. Auch die Frauen hatten sich mittlerweile auf die rechte emanzipiert. Nicht dass die Füllmenge der Bänke diesen Schritt hätte erzwungen. Es schien eher so, als sei gerade die rechte Seite nunmehr voller als die linke. Frauen blieben an ihrem Ursprung nämlich weitestgehend unter sich. Ich ließ ihnen dies und setzte mich nach rechts. Es war ein Ostermorgen und so fühlte er sich an.
Von der Kirchenpforte führt ein schmaler Weg über ein paar Stufen hinab zum Gräberfeld. Dort liegen Menschen, die vor mir hier in dieser Kirche stets gesessen haben. Die Nacht hindurch hat es geschneit und alles dort gibt sich so her, wie jede Wiese sonst am Dorfesrand. Allein die dunklen Stelen, auf denen ihre Namen die hinfälligen Körper noch eine Weile überdauern, sie zeigen dass hier niemals jemand Fußball spielt und auch nicht grast.
Der Schnee hat sich in ihre Buchstaben gelegt, verdeckt sie ganz und gar. An Ostern sollte man die Toten ja auch einmal ruhen lassen und diesen schmalen Pfad mit seinen eingeschneiten Stufen kurz vergessen. Vielleicht hätt ich mich doch nicht rechts einordnen sollen.

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