Der Castor und der dumme Protest

Manchmal sollte man sich einen Ruck geben und zur Abwechslung etwas zu den Tagesereignissen schreiben, anstatt immer den Nachrichten vom Vorvortag nachzuhängen. Was gibt es da Passenderes, als direkt aus einem Newsticker zu zitieren:

>>08:26 Die Parlamentarische Staatsekretärin im Umweltministerium, Katharina Reiche (CDU), hat Oppositionspolitikern Stimmungsmache im Zusammenhang mit dem Castor-Transport vorgeworfen. Es müsse geklärt werden, wie es zu solchen Gewalteskalationen komme.<< (quelle:ndr-liveticker)

Endlich mal eine CDU-Politikerin, die für lückenlose Aufklärung plädiert und dabei die Politik selbst meint. Nun ist die geforderte Aufklärung nicht sonderlich schwierig. Die dem sog. Atomstrom kritisch gegenüberstehende Bewegung hatte eigentlich schon eine ziemliche Flaute zu verkraften, nachdem man die AKWs für in naher Zukunft obsolet erklärt hatte. Nun jedoch erklärt man den Menschen, sie seien irrational, wenn sie gegen AKWs seien und lässt diese unter dubiosen Profitbedingungen für deren Betreiber wieder länger laufen. Das erinnert doch stark an die, von Politikern für irrational erklärten Stuttgarter, deren Bahnhof in dubiosen Genehmigungsverfahren zustande kam. Wollen Sie mal einen Menschen eskalieren lassen? Dann sagen Sie ihm nicht nur, dass Sie wichtige Entscheidungen gegen seine Überzeugung treffen werden, sondern dass er im Grunde auch einfach zu dumm ist, sie selbst zu treffen. Á Propos:

>>15:48 CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hat die Grünen-Spitze wegen deren Unterstützung der Castor-Blockierer attackiert. „Die Grünen outen sich als politischer Arm von Aufrührern, Brandstiftern und Steinewerfern“, sagte Dobrindt am Montag. „Sie machen sich in skandalöser Weise mitschuldig an der Zerstörung von Bahngleisen und Gewalt gegen Polizeibeamte.“<< (quelle:ndr-liveticker)

Nun kann es als Errungenschaft neuerer Zeiten betrachtet werden, dass ein bayrischer Generalsekretär rationale Bewertungen über Vorgänge im Wendland treffen kann – er hat wohl einen Bericht im Fernsehen gesehen. Auch ist es recht belustigend, dass sich die Grünen „als politischer Arm von Aufrührern, Brandstiftern und Steinewerfern“ in Bayern erst noch „outen“ müssen. Ich dachte in den Kreisen geht man davon aus, sie seien als solcher mal gegründet worden. Auf welcher Seite aber die vielbeschworene Gewalt bestehen soll, wenn man sich auf einem Bahngleis verprügeln, besprühen und bei Frost mit Wasserwerfern traktieren lässt, um einer irrationalen Überzeugung anzuhängen, mag dahingestellt bleiben. Dazu zitiere ich nochmals und abschließend:

>>11:32 Die Polizeigewerkschaft hat den Castor-Einsatz kritisiert und die Politik für die „untragbaren“ Zustände verantwortlich gemacht. Auf dem Rücken der Polizei würden politische Fehler ausgetragen. Einige Beamte seien 24 Stunden am Stück im Einsatz gewesen.<< (quelle:ndr-liveticker)

PS: Wie wäre es den Atommüll demnächst einfach in Stuttgart zwischenzulagern? Da könnte man ihn zukünftig fast gänzlich unterirdisch transportieren und die Tunneleingänge wird man doch wohl noch bewachen können.

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4 Antworten zu Der Castor und der dumme Protest

  1. Weshalb denn nur zwischenlagern? Der Bahnhof ist so Müll, da würden die paar Fäßchen auch nicht weiter auffallen und lieben wird den Bahnhof eh keiner mehr, von daher stehen Imageprobleme auch nicht ins Haus.
    Wobei: Es kann eigentlich nur einen geeigneten Ort für ein Endlager geben: Der Keller des Bundeskanzleramts. Dann schau ma mal, wie lang die Dinger noch laufen müssen.

    Die glauben ja allen Ernstes, man würde ihnen das einfach so abnehmen, wenn sie mal auf die Schnelle und ohne Not die Laufzeit verlängern. Und nun jammern sie, dass die böööösen Grünen ja auch nix gegen den Castor hatten, als die regiert haben. Stimmt. Aber die haben den Ausstieg (mit) inszeniert. Und ich wette, dass bei weitem nicht so viele protestiert hätten, wenn der Ausstiegausstieg nicht gewesen wäre. Ich wage sogar mehr: Ohne das wäre das ein verschwindender Protest gewesen, der eher am Rande wahrgenommen worden wäre.
    Wer meint, man hätte es mit nachgerade debilen Volksverdummten zu tun und das alles würde das Wahlvolk so einfach vergessen, holt sich schnell ein blaues Auge. Die Zeiten sind hoffentlich rum. Gottseidank.

    • gonzosoph sagt:

      Da die Castoren eine enorme Heizwirkung entfalten, sollte ihre Zwischenlagerung in öffentlichen Gebäuden gerade zur Winterszeit ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Wohl vor allem die Befürworter einer Laufzeitverlängerung, die nicht verstehen können wie man überhaupt etwas gegen die unendlich sichere deutsche Atomstromerzeugung haben, könnten sich dann in ihren Bürokomplexen an einem wohlig wärmenden Castorbehälter erfreuen. Und das spart bares Geld, ganz nebenbei.
      Stimme Ihnen voll und ganz zu, Herr Schnitzel, wie es ja in dem Beitrag zur Geltung kommt. Man fragt sich langsam wirklich, was die CDU Spitze eigentlich glaubt, bei der nächsten Wahl noch erwarten zu dürfen. Denkt man etwa, weil mein die einzige (noch) verbliebene „Volkspartei“ sei, hätte das Volk gar keine anderen Parteien zur Auswahl? Die Grünen sagen danke und das ist wohl auch eine gleichermaßen spannende wie besorgniserregende (Protest/Hoffnungspartei mit dementsprechenden Desillusionierungspotential) Entwicklung.

  2. Ina sagt:

    Es ist wirklich lobenswert, dass sich so viele Menschen gegen die Atomkraft einsetzen. Ich hoffe nur, dass nicht noch mehr Menschen verletzt werden, denn das will sicher keiner.

    • gonzosoph sagt:

      Ich kann nur meine Hochachtung dafür aussprechen, dass sie selbst bei solchen Temperaturen und die ganze Nacht hindurch ausharren. Einem Polizisten ist sowas offensichtlich nicht zuzutrauen – ist ja auch verständlich, er macht schließlich nur einen „Job“. Andernorts halten es die Leute ja nicht einmal aus, ihren Kaffee bei unter 15 Grad ohne Heizpilz an der „frischen Luft“ einzunehmen ….

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