Amt

Sie tickte so laut und so regelmäßig ihr tick und ihr tack, dass sonst kaum etwas in diesem Raum so wunderbar in die Szenerie hätte einführen könne, wie diese Uhr. Es war eine große, runde Uhr und sie hing an der Seitenwand über einem Registerregal, auf dem ein Foto mit irgendeiner sonnigen Kulisse hinter sich umarmenden Menschen stand. Einer dieser Menschen schaute mich missmutig an. Ich wippte auf dem Stuhl vor und zurück, dabei betrachtete ich den Kugelschreiber in meiner Hand, den Schriftzug darauf. Früher hatte das noch Wohlfahrt geheißen, aber wahrscheinlich brachte man das besser nicht mehr zur Sprache.“Also?“ wurde ich gefragt. Ich erklärte, dass ich nun, ja wahrscheinlich wohl wohnungslos sei und anfragen wolle, bis wann ich eine neue Unterkunft würde beziehen können. Man sah mich verständnislos an. „Sie sind also akut wohnungssuchend?“ fragte man nach einer kurzen Bedenkzeit. Ich verstand die Frage nur teilweise, gab an, kein großes Aufhebens machen zu wollen, akut sei ich in keiner Hinsicht, aber ein Zimmer, vielleicht ein Bett, zumindest ein Tisch darin, das müsse man mir doch zugestehen, schließlich müsse man doch leben können. Es folgt eine Pause. „Soll das ein Witz sein?“, fragte man mich. Ich lachte zustimmend, als hätte ich die Frage verstanden. Es folgte eine Pause. „Sagen Sie, haben Sie getrunken?“ Was das nun für eine Rolle spiele, fragte ich darauf, ich habe um eine Auskunft gebeten, insistierte ich und „wenn ich richtig informiert bin, sind sie verpflichtet, mir diese zu erteilen, ob ich nun getrunken habe oder nicht!“ Man war inzwischen etwas von mir zurückgerückt, wahrscheinlich war meine Antwort zorniger verstanden worden, als ich sie hatte sagen wollen. Ich schämte und entschuldigte mich umgehend. Man schob den Stuhl wieder an den Schreibtisch. „Wie haben Sie denn Ihre Wohnung verloren?“ Man sei bei mir eingebrochen, entgegnete ich, alle meine Habe hätten sie gestohlen und mich anschließend mit Nachdruck dazu aufgefordert, zu gehen. Der letzte Teil schien zu verwirren, denn da war schon wieder eine Pause. „Es wurde also bei Ihnen eingebrochen? Dann müssen wir die Polizei verständigen!“ Die wisse schon davon, entgegnete ich ruhig, schließlich habe sie die Tür ja selbst aufgebrochen.

(entnommen aus „Geschichte“)

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