Früchte des Sanftmutes

Es gibt doch schon seltsame Ereignisketten. Gestern Nacht öffnete ich mein Fenster der frischen Luft wegen, die sich draußen für gewöhnlich aufzuhalten pflegt. Unbedacht schlich sich jedoch noch ein anderer Bewohner des Draußen ein: eine große, haarige Spinne. Nun ist mein Verhältnis zu Spinnentieren zwiespältig. Einerseits schätze ich ihre Arbeit im Bereich des pest-controlling sehr, dennoch müssen sie mit ihren Wuselbeinen nicht direkt vor meiner Nase herumstolzieren, noch dazu ab einer gewissen Größe. In Küche oder Wohnzimmer lasse ich sie auch gewähren, verziehen sie sich doch normalerweise bei Licht in dunkle Ecken, was jedoch im Schlafzimmer zu eher unangenehmen Assoziationen führen kann. Jedenfalls stülpte ich ein großes Glas über den wohl nicht korrekt so bezeichneten Weberknecht (aber das ist nun mal ein schönes Wort) und verbrachte ihn damit in die Küche, wo er bis auf weiteres in Untersuchungshaft gesetzt wurde. Nachdem ich durch das Glas begutachtet hatte, ob er etwaige, durch den Transport verursachte Verletzungen davongetragen hatte, legte ich mich ruhig schlafen.
Heute am späten Nachmittag sollte nun die Freilassung erfolgen. Ich räumte das stetig zugestellte Küchenfenster frei, öffnete es und setzte das Glas mit der Spinne mit Bedacht so auf die Fenstersimskante, dass sich das Tierchen nun je nach Lust und Laune mühelos abseilen oder herauskrabbeln kann. Ihm den Rückweg zu erschweren wollte ich natürlich das Fenster wieder schließen. Leider fiel mir dann jedoch etwas anderes ins Auge. Im Türrahmen scheint sich eine Marienkäferkolonie angesammelt zu haben, die sofort munter los krabbelte und flog, den neu gewonnenen Platz zu erkunden. Nun stecke ich einerseits im Gewissenkonflikt, das Fenster nicht mehr schließen zu können da ich so für den Tod einer ganzen Marienkäferherde verantwortlich wäre, doch könnte auch die Kälte, die unweigerlich durch das geöffnete Fenster eindringt, vielleicht zu meinem baldigen Erfrierungstode führen. Andererseits habe ich eine große, dicke Spinne direkt auf die doch eher harmlosen Käferchen losgelassen. Naja, das sind ja auch Kannibalen, also mal sehen was noch so passiert.

Dieser Beitrag wurde unter aktuelles veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.