Psychoaktivität

Ich stehe nicht mehr auf, ich bleibe liegen. Solange wie es eben geht, schlaf ich an der Zeit vorbei. Zwar scheint durch die Gardine schon die Sonne, mahnend — ich trotze ihr. Licht kann ich nicht gebrauchen. Dunkelheit ist meine Askese. Für nächtliche Erleuchtung faste ich an Tagen. Unter greller Sonne gibt es Schatten, im Zwielicht meiner Höhle gelten nur scharfe Konturen, Umrisse. Das Wenige sehe ich klar, für mich allein. Ginge ich raus, zu den Sonnenmenschen, wie sollte ich ihrem Schattendasein dies erklären?

Es ist interessant wie viele Dinge man braucht um mit Wenigem glücklich zu sein. Zum Glück gibt es da eine ganze Produktpalette und weit gefächerte Dienstleistungsangebote. Von seicht bis erschreckend ist nahezu alles erhältlich. Eine nüchterne Gesellschaft muss den Rausch erlauben, auch wenn sie sich über Produktivität definiert. Dies erkennt man am deutlichsten an ihren Leistungsträgern. Nach vorn kommt, wer das Gleichgewicht zwischen Funktion und Verderbnis halten kann, wer nach den Terminen kokst.
Deswegen ist die Erfolgsgeschichte der Produktivgesellschaft eben auch die der Rauschmittel. Eine Klassengesellschaft war immer auch durch ihren Drogenkonsum getrennt. Die Einen neigen eher zu Stimulantia und Anxiolytika, der Gebrauch von Sedativa und Analgetika liegt den Anderen nahe. Von ersteren war ich immer distanziert, woran man meine Untauglichkeit für gewisse Positionen festmachen kann. Manchmal erzeugt das Schwermut und fast Neid. Schlimmer noch: Morgen ist schon wieder Sonntag.

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