Ich stinke. Zum ersten Mal seit Monaten nehme ich meinen Körpergeruch wahr. Was mache ich hier eigentlich? Was soll ich mit diesen Menschen reden, die ein Leben haben. Warum laden die jemanden wie mich zu irgendwelchen Schützenfesten ein? Was soll ich sagen außer „tja“, gefolgt von einem Lächeln, als würde ich verstehen. Ich passe nicht, weder hier noch sonst wo. Allein, immer. Ich würde gerne schlafen und vergessen, wo ich bin, was ich bin. Würde gerne träumen irgendwo für irgendwen irgendwas zu sein. Doch dieses fahle, gelbe Licht an jedem Morgen hindert mich daran. Mein Geist taucht ganz in dieses Zwielicht, „erhebt sich […] nimmermehr“.
Warum soll ich an sie denken, mir erlauben an sie zu denken? Meine Gedanken dringen nicht durch zu ihr. Sprechen kann ich nicht. Ich bleibe bei mir. Ich bin einfach untauglich. Das Rudimentum eines Menschen.
Töten will ich!
Leben ficken
warme Körper endlos schänden
das Schönste ins Verderben schicken
die Liebe in das Elend wenden
ich will bespucken, fressen, schlagen
dies ganze Pack zur Hölle jagen
Viele Leute glauben mir sagen zu können, ich sei suizidär. Das ist allerdings nicht wahr. Meine akute Eigengefährdung habe ich schon vor Jahren abgelegt. Eines Nachts wachte ich schweißgebadet auf und hatte plötzlich Todesangst. Angst zu sterben, einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Ein Szenario, das bis dahin ein Wunschtraum geblieben war. Nun fürchtete ich plötzlich um mein Leben. Ich musste regelmäßig meinen Puls fühlen, kontrollieren das mein Herz noch schlug. Ich hatte Angst, tödlich erkrankt zu sein, Angst vor dem Verlust meiner Existenz, Angst vor dem Nichts. Ohne jeglichen Grund hatte ich das Leben zu Schätzen gelernt. Deshalb ist mir nun auch dieser Ausweg versperrt. Ich kann suizidäre Menschen eigentlich nur beneiden, denn sie glauben wenigstens noch an eine Lösung ihrer Probleme. An Woody Allen angelehnt könnte man sagen „Wer nur unglücklich ist kann sich also sagen: ‚Hab ich aber Glück gehabt’“.
Vielleicht war es auch nur die Konsequenz aus dem latenten Glaubensverlust. Bei den Fürbitten wird regelmäßig für die Seelen gebetet, die ihren Glauben verloren haben. Irgendwie paradox, aber eine nette Geste. Ich würde diese Fürsprache gern in Anspruch nehmen.