„Übrigens ist mir alles verhasst, was mich bloß belehrt, ohne meine Tätigkeit zu vermehren oder unmittlebar zu beleben“
(Goethe)
„Unsere moderne Bildung ist eben deshalb nichts Lebendiges […], das heißt: Sie ist ga keine wirkliche Bildung, sondern nur eine Art Wissen um die Bildung, es bleibt in ihr bei dem Bildungs-Gedanken, bei dem Bildungs-Gefühl, es wird kein Entschluss daraus […] und so ist die ganze moderne Bildung wesentlich innerlich: auswendig hat der Buchbinder so etwas daraufgedruckt wie >Handbuch innerlicher Bildung für äußerliche Barbaren< . Ja dieser Gegensatz von innen und außen macht das Äußerliche noch barbarischer, als es sein müsste."
(Nietzsche)
Der moderne Mensch also zeichnet sich durch das aus, was wir heute wohl „gefühlte“ Bildung nennen würden. Während man sich mollig warm wähnt, zeigt das Thermometer eisige Minusgrade an. Eine erschreckend aktuelle Einschätzung, vor allem in Zeiten der 3-Jahres-Plan-Studiengänge, die letztlich gar keinen anderen Zweck mehr haben, als Distinktionsmerkmal zu sein. Reich studiert, fühlt sich deshalb gebildet, das muss reichen. Es kommt dabei eben nicht mehr auf die lebendige, belebende Bildung an, sondern graduiert will man sein. Unterpunkte sammeln für den Lebenslauf (Sich vom Pöbel abzusetzen schafft man freilich nur durch eine berufliche Stellung im gehobenen Sektor, für die „kulturelles Kapital“ allenfalls notwenig, niemals hinreichend sein kann). Dass Bildung kaum etwas mit Fähigkeit oder Wissen zu tun hat, sondern gerade in Deutschland hinreichende, sogar notwendige Bedingung in einem reichen Elternhaus hat, spiegelt sich dabei in einem seltsamen Selbstgefühl der sich Bildenden wieder. Nicht nur durch die ständige Bombardierung mit dem Begriff „Elite“ bestärkt sich eine gefühlte Bildungselite. In pychologischen Studien ist ja die suggestive, formative Kraft von gesellschaftlichen Klischees belegt worden. Wer für dumm gehalten wird, verhält sich dumm. Anders herum klappt das ebenso. Nur was heißt das denn nun, dumm, schlau? Heute in erster Linie: Gebildet oder ungebildet. Was heißt wiederum das? Graduiert oder nicht, grob gesagt. Bildung ist also ein Statussymbol, belegt durch eine staatlich beglaubigte Urkunde. Man hat seine Bildung irgendwann mal gemacht, Gott sei dank, und in Zukunft befähigt einen dies neben einem Berufsfeld zum kultivierten Gespräch über das Theater oder die Überversorgung im Sozialstaat. „Weiterbildung“, ein seltsames Wort, das seinen Sinn nur durch das in diesem Sektor noch seltsamere Wort „Ausbildung“ bekommen haben kann, gehört dabei ebenfalls nur in den Bereich der beruflichen Qualifikationen, gegebenenfalls noch in den Lebensabend einiger Enthusiasten – wie lebendige Bildung allgemein.
Ich zähle mich da ehrlich gesagt noch zu den Idealisten.
Das Ziel von Bildung (und auch Erziehung), zumindest von der Warte des Ausbildenden aus ist meiner Meinung nach nicht Wissen oder Status, sondern vor allem Mündigkeit.
Dein Wort in Satans, Pardon, Schavans Ohr.