Ich hatte mir ja gedacht, angesichts der erdrutschartig zu erwartenden Flattreinkünfte bald meinen offiziellen Rückzug vom Bloggen anmelden zu können. Dem ist nun wohl leider doch nicht so. Dafür habe ich mir ein Wochenende ganz für mich allein gegönnt – soweit das in einer WG überhaupt möglich ist. Schotten dicht, Kühlschrank voll und sonst nicht viel. Leider habe ich darüber gleich einige Geburtstage und sonstige erinnerungswürdige Ereignisse missachtet. Ich bitte die Betroffenen vielmals um Entschuldigung. Wenn ich erst mal auf so einem richtig schönen Egotrip daher gleite, begebe ich mich aber leider nur noch sehr ungern in die Niederungen der restlichen Menschheitsangelegenheiten.
Ratzefummel und Skimaske online
Was mich heute jedoch wieder daraus aufschrecken ließ, war die nunmehr berühmt berüchtigte Forderung des ehemals unbekannten CDU Politikers Axel Fischer, der den tollen Satz geprägt hat: „Kein Vermummungsverbot ohne Radiergummi, sonst entsteht ein Ungleichgewicht.“ (Quelle: golem.de). Nein, hier geht es nicht etwa um Burkas an öffentlichen Schulen, sondern Fischer problematisiert die merkwürdige Verhaltensweise vieler Menschen im Internet. Er beklagt, dass die meisten Nutzer im Internet mit all seinen Facetten (Foren/Blogs/Chats etc.) oft auf so unglaubliche und nahezu unerträgliche Weise auftreten würden, weil sie dabei anonym bleiben könnten. Er fordert also ein Verbot des anonymen Auftretens im Internet und gleichzeitig die Möglichkeit, persönliche Daten gegebenenfalls löschen oder mit einem Haltbarkeitsdatum versehen zu können. Da er aber seinen potentiellen Wählern wohl recht wenig Sachverstand zutraut, bricht er dies auf kindgerechte Sprache herunter.
Deshalb wird die Forderung natürlich und zu Recht noch lächerlicher gemacht, als sie sowieso schon ist. Im Grunde sollte man sich fragen, wie Herr Fischer sich denn das bitte vorstellt, zumal er den neuen Personalausweis ins Spiel bringt, mit dem jeder auch im Internet seine Identität nachweisen könne. Soll also jeder Kommentator, etwa dieses Blogs, vor einem Kommentar seinen Perso durch den Leser ziehen müssen? Das würde vermutlich Leute von Aussagen abhalten, wie etwa: „Dass die Unterdrückung der Frau per se etwas Schlechtes ist. Dem kann ich so nicht zustimmen.“
Sunny26m sagt: Nazis und Hottentotten raus aus Deutschland!
In diesem Punkt muss man dem Herrn Fischer also durchaus Recht geben: Um sachliche Debatten zu befördern, hilft eine eindeutige Identität der Teilnehmer durchaus weiter. Ich habe mich nicht ohne Grund dazu entschlossen, meinen Blog mit einem Klarnamen zu versehen. Doch man darf nicht vergessen: Das Internet ist nicht nur Raum für sachliche Debatten, sondern eher noch das Gegenteil und das soll vielerorts auch genauso sein. Manche Diskussionsforen und Chats beziehen ihren Reiz doch gerade daraus, dass man sich dort völlig anonym austauscht. Wer sich darauf einlässt, will sich genau darauf einlassen.
Wo also eine sachliche Debatte stattfinden soll, da kann man schon heute dafür Sorge tragen, dass Beiträge moderiert werden und Teilnehmer angemeldet sein müssen – ganz ohne Perso. Gerade für die von Fischer vorgeschlagenen politischen Partizipationsformern im Internet macht eine namentliche Anmeldung und Zuordnung von Redebeiträgen dabei durchaus Sinn. Aber muss man dafür gleich ein Generalverbot von anonymen Internetaktivitäten fordern? Straftaten oder die Aufforderungen zu solchen, lassen sich ja auch heute schon durch die Herausgabe von IPs ahnden. Vielleicht ist Alex Fischer angesichts seiner unglaublich blödsinnigen Wortwahl also einfach nur das, was er angeblich durch seine Vorschläge abschaffen will: Ein Troll.
First post!
go away
Dieser Kommunismus, von dem keiner weiß, was er ist, ist nur durch stalinistische Kontrollmethoden zu verhindern.
Auch vor Internet-Zeiten wurden Pseudonyme verwandt. Manch eines produzierte gar Weltliteratur. Das dürfte solchen solchen Experten jedoch nicht bekannt sein. Denn richtig(es) lesen haben sie nicht gelernt.
Schon die theoretische Debatte über Meinungsbildung und -herrschaft im Internet ist ziemlich interessant. Da kann man es vielen Abgeordneten nicht übel nehmen, wenn sie die Debatte einfach nicht wirklich nachvollziehen können und entweder sämtliche Entwicklungen als irrealen Quatsch abtun oder in Josef Joffe Manier gleich eine utopisch neue Gesellschaft im Internet heraufziehen sehen.
In puncto Pseudonym zeigt sich ebenfalls wieder, dass das Internet die Gesellschaft keinesfalls radikal zu verändern vermag, sondern nur schon vorhandene Tendenzen widerspiegelt. Es ist nun einmal und bleibt: Ein Medium. Natürlich legt es seinen Fokus dort besonders auf jene Elemente, in denen seine Darstellungsweise besonders gut funktioniert (tatsächliche oder angebliche Interaktivität/Intersubjektivität). Naja, ich fang schon wieder an zu schwadronieren. Das könnte schon ein neuer Blogbeitrag werden ;)