Da legt Ihnen jemand ein Papier vor, auf dem steht eine einfache Aussage, die Sie mit Ihrem Namen unterzeichnen sollen: „Hiermit bekenne ich mich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.“ Damit sollte doch niemand ein Problem haben, oder? Schließlich dürfte er sonst weder Beamter noch überhaupt Deutscher werden.
Demokratie den Demokraten!
Selbiges geschah den designierten Preisträgern des sächsischen Förderpreises für Demokratie, den Vertretern des Alternativen Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz (AKuBiZ). Doch sie unterzeichneten die Erklärung nicht und lehnten den mit 10.000 Euro dotierten Preis daraufhin ab. Warum? Haben hier die für ihre Bemühungen um die Demokratie Ausgezeichneten etwa gar ein Problem mit unserer demokratischen Grundordnung? Gehören sie zu der knappen Hälfte der Deutschen, die unsere Verfassungsrealität ablehnen? Mitnichten, es geht eher um eine weitere Klausel dieser doch recht simplen Erklärung, nämlich dass die Nominierten „dafür Sorge tragen, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls zu den Zielen des Grundgesetzes verpflichten.“
Wiederum keine große Sache, sollte man meinen, schließlich möchte man durch den Förderpreis für Demokratie kein Geld an eine Organisation geben, die etwa Tagungsgelder an bekennende Nazis oder „Hassprediger“ bezahlt. Doch um die geht es eigentlich gar nicht, sondern um die horrende Bedrohung seitens des immensen Linksextremismus, die unsere Familien-, Frauen- und Extremismusexpertin der Bundesregierung (Ministerin Schröder natürlich) ausgemacht hat.
Woran erinnert mich das?
„Sind Sie oder waren Sie jemals Mitglied der kommunistischen Partei?“ Diese Frage mussten in den 1950er Jahren tausende Amerikaner schriftlich beantworten, wenn sie ihren Job behalten wollten. Dass nicht nur bei der Regierung, sondern in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft bis ganz hinauf nach Hollywood. Die kommunistische Partei war zwar weder verboten, noch war es strafbar ihr anzugehören oder gar sozialistische Positionen zu vertreten. Man machte sich dadurch aber seit etwa 1948 „hinreichend verdächtig“ illoyal zu den Vereinigten Staaten zu sein, bzw. „unamerikanischen Umtrieben“ nachzugehen. Schwul zu sein reichte dafür übrigens auch, natürlich. Verweigerte man die Aussage bzw. Antwort auf die oben genannte Frage, kam das einem Schuldbekenntnis gleich.
Bejahte man sie (oder selbst wenn nicht) wurde einem die zweite Frage gestellt: „Welche Menschen kennen Sie, die Mitglied der kommunistischen Partei sind oder ihr nahe standen oder stehen.“ Hier waren nun wilde Anschuldigungen erwünscht. Nicht die Qualität der Hinweise zählte, sondern die Quantität. Möglichst viele Namen sollte man nennen und Personen belasten und so das vermutete Netzwerk der kommunistischen Unterwanderung offenlegen. Hinterher wurden diese Namenslisten übrigens abgedruckt und im Buchhandel verkauft – es war ja schließlich interessant, wer alles Kommunist sei. Oder zumindest von irgendjemandem dafür gehalten wurde.
Klimawandel: Misstrauen
Es entstand ein Klima des gegenseitigen Misstrauens, der Verdächtigung und Denunziation. Warum erzähle ich das alles? Weil die Vertreter des AKuBiZ genau dieses Klima hierzulande vermeiden und nicht einsehen wollen, warum sie ihre Mitarbeiter oder Partner zukünftig durchleuchten sollen. Sie sehen sich einem Generalverdacht ausgesetzt, der hierzulande nun wohl ganz offiziell jeden trifft, der sich gegen Rechts engagiert. Begründete Zweifel an der Ausrichtung des AKuBiZ bestehen dabei kaum, eher an der Qualität einiger Verdächtigungen des Verfassungsschutzberichtes.
Was ist nun das Ergebnis? Eine Sprecherin aus dem Umkreis der Jury des Förderpreises kann dem ganzen nichts schlechtes abgewinnen: „Die Reaktion des AKuBiZ zeigt, dass wir genau den richtigen Preisträger ausgewählt haben.“ So kann man das eigene Handeln dann natürlich auch bewerten und sich gleich selbst den Preis verleihen. Schließlich sind die 10.000 Euro jetzt erst einmal herrenlos.