Guttenberg – der vorerst letzte Akt

„Schmierentheater (von jiddisch simrah „Gesang“) ist ein abwertender Ausdruck für oberflächlich und unsorgfältig gemachtes Theater, zum Beispiel mit chargierenden [, d.h. überzeichnenden] Schauspielern.“ (wikipedia)

Da tut einer den großen Opfergang und wirft sich selbst weg um Schaden von anderen abzuwenden. Nicht er hat irgendeine Verfehlung begangen, sondern die Kräfte der Zeit stehen gegen ihn. Die Presse wirft ihm Dinge vor, die er nicht getan haben will. Die Gegner rotten sich zusammen, behandeln ihn respekt- und gnadenlos mit ihren Anschuldigungen, die er nicht ausräumen kann. So erkennt er bald, dass sein Verbleib als Minister nicht nur seinen „mit Herzblut“ geliebten Soldaten das Medieninteresse raubt, sondern auch der Glaubwürdigkeit seiner politischen Freunde schadet.

Was bleibt ihm da noch anderes zu tun, als wochenlang herumzudrucksen und vor stets genau ausgewählten Kameras kurze Statements zu verlesen, die den jüngsten Erkenntnissen zu seinen Verfehlungen angepasst sind. Ich hoffe Sie lesen die Ironie heraus, denn diese ganze Selbstinszenierung ist eine unglaubliche Farce. Der Schlussakt an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten:

Nachdem dieser Tage viel über Anstand diskutiert wurde, war es für mich gerade eine Frage des Anstandes zunächst die drei gefallenen Soldaten mit Würde zu Grabe zu tragen und nicht erneut ihr Gedenken durch Debatten über meine Person überlagern zu lassen.“ (Quelle: Guttenberg)

Wer leidet hier eigentlich?

Was ist an diesem Satz falsch? Er ist schlicht kontrafaktisch. Guttenberg hat genau das nicht getan, denn er hat das Gedenken der Soldaten durch die Debatte um seine Person überschatten lassen, gerade weil er nicht den Anstand hatte zurückzutreten, als er selbst längst um die Richtigkeit sämtlicher Anschuldigungen wusste. Und er ist sich nicht zu schade, dieses Andenken an die Toten Soldaten weiterhin als Schutzschild gegen berechtigte Vorwürfe an seine Person zu missbrauchen.

Ich muss das hier noch einmal in aller Deutlichkeit schreiben, sonst glaube ich das selbst nicht: Dieser Mann, dem von seinem „äußerst honorigen Doktorvater Häberle“ (so Guttenberg) nun schwere Mängel und Verfehlungen bis hin zur  Rufschädigung vorgeworfen werden und der von dessen Nachfolger schlicht als dreister Betrüger bezeichnet wird, dieser Mann tritt einzig und allein deswegen zurück, weil der Druck seitens Medien und Opposition zu groß geworden sei. Und weil man ihm unsachlich und respektlos begegne. Ihm respektlos begegne.

Aus Fehlern lernt Mancher

Guttenberg: „Es ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens.“ Und er hat daraus nichts, gar nichts gelernt. Er ist sich keiner Schuld bewusst, denn er hat ja weder absichtlich getäuscht noch ist er selbst an den widrigen Umständen Schuld, die ihm die weitere Ausübung seines Amtes unmöglich machen. Nicht einmal seine Selbstinszenierung variiert er. Oder wie er es selbst sagt:

„Nun wird es vielleicht heißen, der Guttenberg ist den Kräften der Politik nicht gewachsen. Das mag sein oder nicht sein. Wenn ich es aber nur wäre, indem ich meinen Charakter veränderte, dann müsste ich gerade deswegen handeln.“ (Quelle: Guttenberg)

Eine Charakteränderung ist von Guttenberg wahrlich nicht zu erwarten.

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13 Antworten zu Guttenberg – der vorerst letzte Akt

  1. ebook blog sagt:

    Jetzt ist der Guttenberg zurückgetreten, Respekt vor diesem Schritt, allerdings frage ich mich, wie geht es jetzt weiter, einmal für die CDU, dann für die Bundeswehr und für die Glaubwürdigkeit der Politik überhaupt. Diese Affäre hat gezeigt, dass die Politiker transparenter werden müssen, meines Erachtens gehört für dieses Amt die totale Offenheit, also sie sollten mal anfangen und alle Einkünfte veröffentlichen und alle Doktorarbeiten ins Netz stellen.

    [edit: link wegen spamverdacht entfernt]

  2. Ich glaube Gutti. Er hat nicht gelogen, er hat das alles nicht gewusst. Es war sein Ghostwriter, der den Scheiß geschrieben hat. Gutti hat den Ghostwriterkäse im besten Glauben übernommen. Blöd wie er ist. Wenn er diese Arbeit selbst geschrieben haben sollte, ist er entweder hochgradig verblödet oder schlicht dumm, was beides ohnehin Rücktrittsgründe wären. Alternativ bliebe nur Absicht. Auch ein Rücktrittsgrund.

    • Peter Steiner sagt:

      Ich glaube nicht, dass Gutti einen Ghostwriter beschäftigt hat. Denn erstens wäre ein solcher um Längen schneller mit der Fertigstellung der Diss. gewesen und hätte zweitens niemals einen solchen Müll verzapft.

    • gonzosoph sagt:

      Damit bin ich einverstanden. Man könnte ja mutmaßen, er habe einen solchen Ghostwriter erst nach Jahren hinzugezogen, da er tatsächlich den Überblick verloren hatte. Seine Vorabnoten und sein ganzes Gehabe und schmieriges Lavieren in dieser Affäre lassen mich aber immer sicherer sein bei der Einschätzung: Der Mann ist so …der Emsländer in mir würde „kackendreist“ sagen.

    • Peter Steiner sagt:

      Natürlich ist der Mann kackendreist. Ich kann mir auch vorstellen, dass er tatsächlich nichts Falsches daran gesehen hat und sieht. Das Phänomen beobachtet man häufig. Meiner Meinung nach gehäuft bei konservativen Politikern, die die Moral besonders hoch halten, damit der Limbo nicht so schwer fällt.

  3. gonzosoph sagt:

    Ich glaube die Geschichte mit dem Ghostwriter nicht, gerade wegen der Anschuldigungen bezüglich verarbeiteter Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Zu diesen hatte nur Guttenberg Zugang. Er müsste sie also seinem Ghostwriter gegeben haben, der sie einfach hineinschrieb.
    Das aber hätte Guttenberg spätestens bei einer ersten Durchsicht auffallen müssen, denn die Texte kannte er offenkundig. Und durchsehen musste er die Arbeit zumindest noch einmal, wenn man Prof. Häberle und der gesamten Fakultät nicht absolute Käuflichkeit unterstellen will. Ich glaube nicht, dass die nicht zumindest den Schein haben wahren wollen und eine halbwegs normale Disputation vorgenommen haben.

    Ich nehme ihnen eher die Geschichte ab, dass Guttenberg da selbst den Mist verzapft hat. Und zwar absichtlich. Das macht die ganze Sache ja so … niedrig.

  4. gorillaschnitzel sagt:

    …ob da überhaupt eine erste Durchsicht stattgefunden hat ist schon fraglich….(erfahren werden wir es wahrscheinlich nie)

    (Nebenbei: Links sind mir relativ wurschd. Ich weiß, dass da ein l fehlte und ja, ich sollte da mal die Maske im Browser ändern, aber irgendwie ist es mir ziemlich egal, ob der Link nun sitzt oder nicht. Grade sitzt er nimmer und das ist auch recht, höhö.)

    • gonzosoph sagt:

      Tjaja, Ihnen als ganz rechtsaußen mag „Links“ vielleicht egal sein. Doch das durchschaut man schnell, welche schiefe Maske Sie auch immer ändern mögen!

    • gonzosoph sagt:

      Japp. Dazu wollte ich auch noch was schreiben. Kommt vielleicht heute Nacht noch on. Man sehe sich auch folgendes an:

    • Peter Steiner sagt:

      Ja, hab ich auch schon gehört. An Stelle des guten Holgers hätte ich schon lange aufgelegt. Hätte mich auch nicht gewundert, wenn jemand diesen Kalibers angerufen hätte: http://www.youtube.com/watch?v=yoVE5Q2HBBo
      Aber die gehören wohl nicht zur Zielgruppe von Fritz.

    • gonzosoph sagt:

      Als ebenso stolzer wie langjähriger Abonnent der Titanic ist mir das natürlich schon bekannt. Ich bin mir aber trotzdem nicht zu fein an ebendieser Stelle genau damit zu protzen. Es sei mir verziehen. Wie Sie übrigens ganz richtig sagen, taucht jemand diesen Kalibers wohl nur nicht auf, weil er so einen Sender nicht hört. Da müsste Jenen also die Bild“zeitung“ wohl erst einmal sagen, dass sie dort anrufen sollen…

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