Condé, Corona, Berlin

Achthunderttausend zogen durch Berlin, sagen die, die dabei waren. Dass andere nur 14000 gezählt haben, zählt nicht, das sei nur eine Meinung, sagen sie. Meinungsfreiheit sei wichtig, sagen sie und wer nicht ihrer Meinung ist, den beschimpfen oder verprügeln sie.  Durch das Brandenburger Tor liefen sie unter den Linden an Friedrich dem Großen vorbei. Der sitzt dort auf Condé, seinem liebsten Wallach, und schaut. Unter der Kehrseite des Fliegenschimmels steht Immanuel Kant und diskutiert mit Lessing. Vermutlich streiten sie darüber, was schlimmer ist: Seit über 150 Jahren unter dem bedrohlich aufschwänzelndem Arsch eines Pferdes zu stehen, oder der Anblick der ganzen Idioten, die in all dieser Zeit dort vorbeimarschiert sind. Dass diese immer noch genau so dumme Parolen rufen, obwohl jeder von ihnen mittlerweile das Wissen der Welt in der Tasche hätte, um sie mal eben nachzuprüfen, lässt die beiden Gelehrten einander vermutlich so Einiges über selbstverschuldete Unmündigkeit, Aufklärung und ihre Imperative an den Kopf werfen. Da möchte man gerne einmal Mäuschen spielen.

 

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