So sieht also Aufruhr aus. Vor leeren Rängen malen hipp gekleidete junge Menschen mit Farbe an der Nase bunte Plakate mit witzigen Slogans darauf, die Marketingstrategen sich kaum besser hätten ausdenken können. Oder ist dieses friedselige Posieren vor der Pressekamera vielleicht nur eine Tarnung, um von illegalen Aktionen abzulenken und die Apparatschiks in Sicherheit zu wiegen? Nein, das ist schon alles und ernst gemeint. Wo Aufruhr so amüsant ist, kann jedenfalls die Revolution nur lachhaft sein. Live anzusehen war eine derartige Aktion auch in Münster. Das Audimax wurde besetzt. Vorne debattierten ein paar Menschen nach dem Konsensprinzip darüber, warum sie überhaupt da waren. Was wollte man denn überhaupt? Darüber sollte doch erst einmal Einigkeit herrschen. Nach Vorbild der „ständigen Revolution“, also des Deutschen Bundestages, wurden zuvorderst Arbeitsgruppen delegiert. Diese bemühten sich direkt vor der Webcam medienwirksam darum, eine möglichst gerechte Verteilung von Tabak, langen Blättchen und kleinen Pappstückchen herzustellen: „Hast du noch was da?“ – „Nä, nur Bier…“. Ernst nehmen muss man diese jungen, idealistischen Menschen, die darum kämpfen ein besseres Preis/Leistungsverhältnis für ihre Bildung offeriert zu bekommen. Jedenfalls solange sie noch da sind. Unter die paar Hundert Demonstranten in der Tagesschau haben sie es in Münster schließlich nicht geschafft – diese ebenso mutige wie entschlossene Infragestellung der Autorität wurde leider schon vorher durch einen Polizisten beendet: „Diese Veranstaltung ist aufgelöst. Der Saal ist zu räumen“ – „Dürfen wir vorher noch aufräumen?“ – „Geht klar.“ Mögen wir ihren heldenhaften Kampf, ihr Opfer für das Wohl der Gesellschaft niemals verleugnen. Niemals vergessen!
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Meta
He he…ja…zu lasch, zu seicht, zu wenig aggressiv. Dieser Eindruck drängte sich mir auch auf, als ich den Bildungsstreik beobachtete.
Aber wieso ist das so? Und wieso versuchen wir das nicht zu ändern? Ich habe mich jedenfalls nicht beteiligt. Vielleicht hätte ich es tun sollen, um zu verstehen, was da vor sich geht. Und womöglich hätte das in mir einen Anflug von Rebellin erzeugt?!
Kürzlich wurde das bei einer Lesung von Wallraff diskutiert: wie kriegen wir die Studierenden wieder dazu sich zu politisieren, sich für den Ausgleich von Missständen einzusetzen? Fragte einer aus dem Publikum. Und ich konterte: Naja, sind nicht alle angehalten sich dafür einzusetzen, auf die Straße zu gehen? Dem stimmten viele zu.
Aber die intellektuelle Ermattung des Landes und das Verschwinden von Widerstand werden wohl durch das Wohlstandsniveau gefördert. Darum passiert nichts und wenn, dann siehts aus, wie auf dem Bild oben.
Lächerlich. Da schämt man sich direkt, einmal Student gewesen zu sein. Und das ist also die Bildungselite von morgen. Sich auf die Hinterbeine stellen, aber wenn dann der Alpha-Wolf einmal bellt fein den Schwanz einziehen und wieder brav den Platz im Rudel einnehmen.
Womöglich ist es da schon besser, gar nicht erst zu „rebellieren“, denn der schweigende Student macht immer noch den Eindruck des still Leidenden, während die abgebildeten wohl eher eine Karikatur ihrer selbst und gleichzeitig der Konsumhaltung des gesamten Bildungssystems darstellen, das sich allerorten, selbst an weiterführenden Schulen bereits in adoleszentem Alter einstellt.
Warum alle so unpolitisch sind? Ist doch klar. Was interessiert mich mein eigenes Leben wenn ich mich rund um die Uhr 24/7/52 mit Unterhaltungsmedien eindecken kann. In Ermangelung von Vorbildern werden Bilder zu Vorbildern. Und das Aggressivste was die Mario-Paint(TM)-Generation hervorbringt sind nun mal leider wild geführte Pinselstriche und in Kontrast zusammengestellte Farben.
Es wird Zeit, dass ihr euch nicht nur regieren lasst und die einen von euch leise vor sich hinjammern, während die anderen zu komplett unpolitischen Nichtwählern werden, oder sich in Parteien kleininstitutionalisieren lassen. Es wird Zeit, dass ihr euch über euer Anliegen und eure Ärgernisse klar werdet, euch zusammentut und den Mund aufmacht – solange die Rentnerlobby oder Apothekerverbände mehr Feuerkraft haben als diese Studentengeneration, dürft ihr euch nicht wundern, wenn ihr nie gefragt und stets übergangen werdet.
Let’s organize
bildet Euch,
bildet Andere,
bildet Banden!
Ich zitiere mich ja gerne selbst:
„Vielleicht ist dies aber auch ein gutes Zeichen. Denn es gibt Zeiten, in denen der Mensch kaum in Frage stellt, was er Zeit seines Lebens für sicher glaubte. Wie Kritik das Produkt der Krise ist, entspringt dieses Einverständnis mit dem Gegebenen möglicherweise der Stabilität des Wohlstandes. Entweder also ist die Krise nicht so schlimm, wie gedacht, oder es wird bloß nicht darüber nachgedacht.“
Du sagst es schon ganz richtig, Meriem, die Studenten müssten wieder politisiert werden. Denn was diesem „Aufstand“ jegliche Energie rauben muss, ist sein geringer Selbstanspruch. Man will nicht die Gesellschaft verändern. Man will auch nicht das Bildungssystem ändern. Man will die Studienordnung abändern und Gebühren begrenzen. Und damit will man Niemanden verärgern, auch Spaß haben und vor Allem keine Probleme bekommen. Unpolitischer geht es kaum. In den späten 60ern haben Studenten versucht sich mit den Arbeitern zu solidarisieren. Heute erklärt sich Verdi solidarisch mit den Studenten, die für „bessere Ausbildungsbedingungen“ protestierten. Manch ein Student rümpft darüber die Nase. Gewerkschaften…
Zu Ora werde ich mich zur Abwechslung mal nicht selbst zitieren:
„Die sozioökonomische Struktur einer Gesellschaft formt die Individuen dergestalt, dass sie tun wollen, was sie tun sollen“
Die Medien erzeugen dieses Handeln/Denken kaum, aber sie unterstützen sicher jeden, der es sich darin gemütlich machen will. Dein Vorschlag ist also eine Avantgarde mit Knarre in der Hand. Hatten wir ja schon – hat den gesellschaftlichen Wandel eher wieder zurückgenommen. Terrorismus ist schließlich mit einem toten „Arbeitgeber“präsidenten viel bedrohlicher als eine spätkapitalistische Gesellschaft mit 40.000 Suiziden jährlich. Angst ist ein seltsam Ding, richtet sich am liebsten auf das unberechenbare. Ebenso die Hoffnung. Die begeht zuletzt Suizid.
Tut Leid, aber wenn -wie hier vor Ort- die Studenten lauthals ihre Verarmung beklagen und gleichzeitig mit einem Mountain Bike zur Demo vorfahren, das ich mir weder leisten kann noch will, dann hakt irgendwo irgendwas, aber ich sag nicht wo oder was. Und den kommenden Westerwelles mit ihren Aktenköfferchen und den seitengescheitelten Blondhaaren mitsamt Verbindungsfetzen glaub ich ihre scheinheilige Armut sowieso nicht.
Wo wir gerade beim zitieren sind:
Ihr seid Lehrer und Beamte
Seid Gelehrte sogenannte
Ihr schreibt Bücher, seid im Fernsehen
Und ihr glaubt, daß wir euch gern sehen
Immer kritisch und politisch
Marx und Lenin auf dem Nachttisch
Doch ihr habt was gegen Rabatz
Und macht den Bullen gerne Platz
Ihr seid nichts als linke Spießer
Ich frag‘ mich, was wart ihr früher
Ihr seid nichts als linke Spießer
Ihr habt nichts dazugelernt
Ihr seid nichts als linke Spießer
Eigentlich wart ihr es schon immer
Und werden wir mal aggressiv
Seid ihr auf einmal konservativ
Sozialarbeiter und Student
Ihr seid so frei und unverklemmt
Ihr seid sozial auch sehr gut drauf
Doch ihr habt eure Seele dem System verkauft
Und falls euch doch mal alles stinkt
Euer Gelaber euch selbst zum Hals raushängt
Dann fahrt ihr einfach nach Indien
Als Backwahn-Jünger ist jeder in
Ihr seid nichts als linke Spießer
Ich frag‘ mich, was wart ihr früher
Ihr seid nichts als linke Spießer
Ihr habt nichts dazugelernt
Ihr seid nichts als linke Spießer
Eigentlich wart ihr es schon immer
Und werden wir mal aggressiv
Seid ihr auf einmal konservativ