Manchmal muss man ja staunen, wie unbemerkt, ja quasi im Geheimen große Entwicklungen vonstattengehen. Da wird eines der größten Konjunkturprogramme für den Mittelstand auf den Weg gebracht, das Deutschland seit Kriegsende gesehen hat und fast keiner merkt es. Im Gegenteil, man liest immer wieder von den vermeintlichen Belastungen und immensen Kosten. Die Ausgaben für Flüchtlinge im laufenden Jahre würden bei etwa 22 Milliarden Euro liegen, zitieren die rechtslastigen „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ bewusst missverständlich eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. 22 Milliarden entsprechen – zum Vergleich – etwa den laufenden Verwaltungs- und Personalkosten für die Bundeswehr im Jahr 2015.
Das klingt nicht nur nach einer Menge Geld, das ist eine Menge Geld, die auf Bundes- und Länderebene zur Verfügung gestellt werden muss, um mehr Polizisten einzustellen, die die Grenzen bewachen, um mehr Lehrer einzustellen, die für die Bildung und Integration der Flüchtlinge sorgen, um mehr Entscheider einzustellen, die für eine Beschleunigung der Asylverfahren sorgen… und spätestens hier sollte jeder einmal kurz innehalten: Mehr Polizisten, mehr Lehrer und schnellere Asylverfahren? Gibt es eigentlich irgendjemanden, der diese Forderungen nicht unterschreiben würde? Muss man sich über die Sinnhaftigkeit von Investitionen in diese Bereiche wirklich streiten?
Wie lange hören wir eigentlich schon die immer gleichen Forderungen, die genau das fordern, was jetzt im großen Maßstab umgesetzt wird? Angesichts dessen kann die Frage doch überhaupt nicht lauten, ob hier zu viel Geld für Flüchtlinge ausgegeben wird, sondern ob das nicht eigentlich viel zu wenig ist für genau jene Projekte, die doch eigentlich immer schon alle umgesetzt haben wollten. Dass das gesamte eingesetzte Geld übrigens innerhalb Deutschlands ausgegeben wird und hiesige Flüchtlingshilfe deshalb im Vergleich zu einer Multimilliarden-Abwrackprämie zum Kauf von Importwagen geradezu ein lupenreines Konjunkturprogramm darstellt, steht auf demselben Blatt. Man kann an dieser Stelle nicht umhin auch nochmal darauf hinzuweisen, dass das meiste Geld direkt oder indirekt in die Taschen genau derjenigen fließt, die sich gern am lautesten beklagen: die Angehörigen des „normalen“ deutschen Mittelstandes. Es profitieren normale deutsche Unternehmer, Hauseigentümer, Beamte und Akademiker.
Flüchtlingshilfe in diesem Lichte zu betrachten, fällt Menschen wie Medien aber offenbar schwerer und schwerer. Es nutzt oft kaum etwas, auf den unbestreitbaren Nutzen, ja die essentielle Notwendigkeit von dann hoffentlich gut integrierten, jungen Arbeitnehmern für eine überalternde Gesellschaft und Volkswirtschaft zu verweisen. Viel öfter wird herausposaunt, man solle bloß keine falschen Anreize setzen, man müsse Flüchtlinge wo es nur irgendwie geht am Gängelband halten – ganz so als wären eine strikte Unwillkommenskultur und offen zur Schau getragenes Misstrauen besonders erfolgversprechende Mittel der Integration.
Eine überspitzte Frage zum Schluss: Wem würden Sie als Staat eher Geld leihen? Einem dahergelaufenem Flüchtling oder einem hiesigen Mittelständler? Salopp gesagt: Finger weg vom Mittelständler, denn der versucht sein Geld anschließend nur im Ausland vor ihnen zu verstecken und kauft dann auch noch dort ein, ohne dass irgendetwas von der Kohle im Land bleibt. Der Flüchtling kann nirgendwo anders hin, auch nicht mit seinem Geld. Er möchte sich hier etwas aufbauen. Bei ihm ist das Geld gut angelegt. Wenn Sie Flüchtlingen also schon nicht aus gutmenschlichen Gründen helfen wollen, tun Sie es bitte aus rein finanziellen Motiven. Es lohnt sich.