Eine vorzeigbare Leiche gibt es zwar nicht und einen wirklichen Prozess ebenso wenig, aber die amerikanische Regierung verkündet seinen Tod. Hoffen wir, dass solche Parallelen nicht zur Entstehung einer Märtyrerlegende beitragen…
Eine vorzeigbare Leiche gibt es zwar nicht und einen wirklichen Prozess ebenso wenig, aber die amerikanische Regierung verkündet seinen Tod. Hoffen wir, dass solche Parallelen nicht zur Entstehung einer Märtyrerlegende beitragen…
Momentan gerät bei mir Einiges in Bewegung – zumindest metaphorisch. Anlässlich der Meldungen darüber, dass Apple-Produkte ein Bewegungsprofil von bis zu einem halben Jahr erstellen, konnte ich also gar nicht anders und musste gleich den Umfang auch meiner physischen Freizügigkeit ermitteln lassen. Die spannenden Ergebnisse möchte ich natürlich Ihnen, verehrte Leserschaft, nicht vorenthalten. Sie sind ebenso vorraussehbar wie unspektakulär:
Falls Sie mich also suchen sollten, wissen Sie eh, wo ich zu finden bin…
Kennen Sie das? Irgendjemand präsentiert irgendeine Leistung und gleich der erste Kommentar lautet abfällig: „Der hat wohl zu viel Zeit.“ Und da die Leute, die einem so etwas vorwerfen, scheinbar selbst so gar keine Zeit haben, schreiben sie meist eher:„Der hat wohl zuviel Zeit.“ Unnötige Leerzeichen kosten schließlich Lebenszeit.
Warum diese Effizienzfanatiker das sagen? Um zu suggerieren, dass sie ihre Tage ausschließlich mit immens wichtigen und sinnvollen Aktivitäten füllen. Man solle sie deshalb mit allem, wofür sie dabei verständlicherweise keinerlei Zeit finden, in Ruhe lassen: Ein Bastler von Modellflugzeugen? „Der hat wohl zu viel Zeit.“ Mitglied im Kegel- und Fußballverein? „Der hat wohl zu viel Zeit!“ Vater von 6 Kindern? „Der hat wohl… nicht nur zu viel Zeit.“
Da ich ebenfalls zu diesen immens wichtigen Leuten gehöre und jetzt nicht noch mehr Zeit verschwenden will, hier meine Top 5 der Leute mit offensichtlich viel „zu viel Zeit“:
Hatte so viel Zeit, um als erster Ferntourist gleich mal um den kompletten Erdball zu segeln. Als ob es von 1519 – 1522 nichts Wichtigeres in Europa zu tun gegeben hätte!
Man muss schon sehr viel Zeit haben um so viele, so dicke Kritiken zu schreiben. Lag wohl daran, dass er nicht ein einziges Mal Königsberg verlassen hat. Stellte sich darüber hinaus seinen eigenen Senf her und stand morgens immer um 5 auf, damit er abends früher ins Bett gehen konnte: Definitiv zu viel Zeit!
Machte (wohl in der Tradition Magellans) einfach mal für 5 Jahre rüber nach Südamerika, wo damals absolut nichts los war. Sammelte dort Kistenweise Ungeziefer und Pflanzen, die heute Niemand mehr kennt. Die Hälfte davon lies er gleich wieder im Meer versinken. Unverschämt große Zeitverschwendung.
Soll seine ganze Jugend in einem Kellerverlies eingesperrt worden sein, wo er stumpfsinnige Bildchen von seinem einzigen Spielzeug, einem Pferd, in die Wand schabte. Womöglich hat er sich das alles auch nur ausgedacht. In jedem Fall: Viel zu viel Zeit! Hat sich dann auch selbst erdolcht.
Vereinte in seiner Freizeit den halben eurasischen Kontinent, der danach sowieso wieder auseinandergefallen ist und auch bleibt. Dabei kamen natürlich allerhand Menschen um. Nicht nur eine Verschwendung an unschuldigen Leben, sondern auch an Zeit und Geld. Pure Dekadenz! Der hätte mal lieber was Anständiges arbeiten sollen!
„Ich habe wie jeder andere auch zu meinen Schwächen und Fehlern zu stehen. Zu großen und kleinen im politischen Handeln, bis hin zum Schreiben meiner Doktorarbeit. Und mir war immer wichtig, diese vor der Öffentlichkeit nicht zu verbergen.“ (Quelle: tagesschau.de)
„Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich mit allem Nachdruck von mir.“ (Quelle: Zeit.de)
„Ich habe diese Fehler nicht bewusst gemacht. Ich habe auch nicht bewusst oder absichtlich in irgendeiner Form getäuscht.“ (Quelle: carta.info)
„Der Grund [für meinen Rücktritt] liegt im Besonderen in der Frage, ob ich den höchsten Ansprüchen, die ich selbst an meine Verantwortung anlege, noch nachkommen kann.“ (Quelle: tagesschau.de)
„Es würde daher nach meiner Überzeugung im öffentlichen wie in meinem eigenen Interesse liegen, wenn auch die staatsanwaltlichen Ermittlungen etwa bezüglich urheberrechtlicher Fragen nach Aufhebung der parlamentarischen Immunität, sollte dies noch erforderlich sein, zeitnah geführt werden können.“ (Quelle: tagesschau.de)
„Zu einer Anhörung, zu der ihn die Kommission geladen hatte, ist er nicht gekommen.“ (Quelle: FAZ.de)
„Im Laufe des Verfahrens war Guttenberg wegen seines Fernbleibens gebeten worden, schriftlich Stellung zu nehmen. Dies hat er offenbar auch getan.“ (Quelle: FAZ.de)
„Nach übereinstimmenden Medienberichten hat Guttenbergs Anwalt Vorbehalte gegen die Veröffentlichung des Kommissionsberichts geäußert.“ (Quelle: tagesschau.de)
„Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung kommt sie zu dem Urteil, dass Guttenberg mit Absicht gehandelt haben muss. Ausmaß und Art der Plagiate in Guttenbergs Doktorarbeit ließen keinen anderen Schluss zu.“ (Quelle: Zeit.de)
Wo ihm jedoch an der Aufklärung der Plagiatsvorwürfe offensichtlich so wenig liegt, dass er dafür keine Zeit aufbringen kann, lässt er sich eine kleine Ansprache an seine Facebookfreunde nicht nehmen. Sehen Sie selbst und staunen:
Jetzt mal ehrlich: Es gibt viel zu viele Nörgler und Miesepeter hier draußen in den Weiten des Netzes – gerade wenn es um den sogenannten Datenschutz geht. Ständig wird sich über das vermeintliche Sammeln von Daten aufgeregt. Würde Gott dem Himmel eine Webpräsenz bescheren und man könnte sich dort schon jetzt für das Paradies anmelden, würden sie sich alle gleich wieder beschweren, dass man seine E-Mailadresse für eventuelle Rückfragen mit angeben muss.
Bei noch so kleinen und notwendigen Datenanfragen aus dem Netz sind Schwarzmaler gleich wieder mit Nazivergleichen bei der Hand. Wer gegen Terroristen vorgehen will, muss sich gleich als „Stasi 2.0“ bezeichnen lassen. Dabei ist der gläserne Bürger doch der absolute Demokrat. Er stellt allen Mitbürgern alle Informationen jederzeit zur freien Verfügung. Weil er sich nichts vorzuwerfen hat, hat er nichts zu verbergen – und umgekehrt. Klüngel ist dann ebenso unmöglich wie das perfideste aller Unterdrückungsmittel: die Lüge. Der Zugang zu sämtlichen Informationen ist geradezu die Grundvoraussetzung einer wirklich freien Gesellschaft. Die nimmt im Netz ihren Anfang.
Das wunderbare Projekt i-am-open hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ruf des gläsernen Bürgers gehörig aufzupolieren. Es sind junge Idealisten, die sich eine offene Welt zum Ziel gemacht haben und Mitstreiter suchen. Sie wollen nicht, dass jemand ihre persönlichen Daten mühsam crawlen muss. Sie stellen sie lieber selbst zu Verfügung. Ihr Motto:
„Wir haben nichts zu verbergen und deshalb sind wir für die Offenlegung aller Daten. Wir sind für eine völlig offene und transparente Welt, denn Privatsphäre war gestern. Genießen wir endlich die Freiheit die uns die Demokratie bietet. Freiheit ist Offenheit! In diesem Sinne: Versteckt euch nicht hinter Datenschützer-Schmonzes. Be open :)“ (i-am-open.com)
Wer sie unterstützen möchte, stellt einfach ein Bild von sich mit dem Bekennersatz „I am open“ auf ihre Seite. Ich kann nur dazu aufrufen. Zum Glück haben Sie schon viele Mitstreiter gefunden.
Ich zähle nunmehr auch zu den vorbehaltlosen Unterstützern, denn ich habe es selbst erlebt: Seitdem ich gestern mein Profil auf Facebook erstellt habe, fühle ich mich viel freier und ungezwungener. Wenn sie mich jetzt entschuldigen. Ich muss mir noch schnell ein paar funny facts zu meiner Person ausdenken und ein Profilbild photoshopen.