I am open! Offen für Alles.

Jetzt mal ehrlich: Es gibt viel zu viele Nörgler und Miesepeter hier draußen in den Weiten des Netzes – gerade wenn es um den sogenannten Datenschutz geht. Ständig wird sich über das vermeintliche Sammeln von Daten aufgeregt. Würde Gott dem Himmel eine Webpräsenz bescheren und man könnte sich dort schon jetzt für das Paradies anmelden, würden sie sich alle gleich wieder beschweren, dass man seine E-Mailadresse für eventuelle Rückfragen mit angeben muss.

Bei noch so kleinen und notwendigen Datenanfragen aus dem Netz sind Schwarzmaler gleich wieder mit Nazivergleichen bei der Hand. Wer gegen Terroristen vorgehen will, muss sich gleich als „Stasi 2.0“ bezeichnen lassen. Dabei ist  der gläserne Bürger doch der absolute Demokrat. Er stellt allen Mitbürgern alle Informationen jederzeit zur freien Verfügung. Weil er sich nichts vorzuwerfen hat, hat er nichts zu verbergen – und umgekehrt. Klüngel ist dann ebenso unmöglich wie das perfideste aller Unterdrückungsmittel: die Lüge. Der Zugang zu sämtlichen Informationen ist geradezu die Grundvoraussetzung einer wirklich freien Gesellschaft. Die nimmt im Netz ihren Anfang.

I am open – für eine offene Welt

Das wunderbare Projekt i-am-open hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ruf des gläsernen Bürgers gehörig aufzupolieren. Es sind junge Idealisten, die sich eine offene Welt zum Ziel gemacht haben und Mitstreiter suchen. Sie wollen nicht, dass jemand ihre persönlichen Daten mühsam crawlen muss. Sie stellen sie lieber selbst zu Verfügung. Ihr Motto:

„Wir haben nichts zu verbergen und deshalb sind wir für die Offenlegung aller Daten. Wir sind für eine völlig offene und transparente Welt, denn Privatsphäre war gestern. Genießen wir endlich die Freiheit die uns die Demokratie bietet. Freiheit ist Offenheit! In diesem Sinne: Versteckt euch nicht hinter Datenschützer-Schmonzes. Be open :)“ (i-am-open.com)

Wer sie unterstützen möchte, stellt einfach ein Bild von sich mit dem Bekennersatz „I am open“ auf ihre Seite. Ich kann nur dazu aufrufen. Zum Glück haben Sie schon viele Mitstreiter gefunden.

 

Himmler offen für alles

"I bin offen, weil ich gerne alle Informationen habe."

Ich zähle nunmehr auch zu den vorbehaltlosen Unterstützern, denn ich habe es selbst erlebt: Seitdem ich gestern mein Profil auf Facebook erstellt habe, fühle ich mich viel freier und ungezwungener. Wenn sie mich jetzt entschuldigen. Ich muss mir noch schnell ein paar funny facts zu meiner Person ausdenken und ein Profilbild photoshopen.

 

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In den Fängen des Kraken

Nun hat es mich doch noch erwischt. Als ansonsten eher paranoider Anhänger des Web 1.0 habe ich mich ja lange gesträubt, den Schritt in die Ära des totalen sozialen Netzwerks zu tun. Stagnierende Leserzahlen und persistierender Geltungsdrang lassen mir aber keine Wahl: Ich muss ins Facebook! Und wenn, dann gleich mit Schwung. So finden Sie unten angehängt den obligatorischen „Gefällt mir“ Button sowie ein kleines Banner in der Sidebar. Ich bin gespannt, ob überhaupt jemand davon Gebrauch macht.

Ich für meinen Teil kann schon gar nicht mehr ohne. Mein Postfach quillt über von irgendwelchen Benachrichtigungsmails und selbst für die so oft und ganz zu recht geschundenen Schalker kann ich mich kaum freuen. Schließlich funktioniert meine WordPresseinbindung noch immer nicht perfekt. Aber das kommt sicher noch. Vielleicht brauche ich die auch schon bald nicht mehr, da ich nur noch mit Freunden über das Netzwerk kommuniziere. Sie werden es sehen. Oder eben nicht. Dann heißt es wohl doch besser:

do not feed optopus

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Beatae memoriae

Nun geht er von uns und bleibt uns doch erhalten. Westerwelle gibt den Parteivorsitz auf. Gerne würden wir ihn so in Erinnerung behalten, wie die FDP ihm schon jetzt, bevor er überhaupt weg ist, demütig nachruft: Durch ihn habe die Partei nach den Miseren der 90er Jahre „zu einer bislang nie gekannten Stärke gefunden.“ Doch wenn das stimmt, warum hat man ihn dann derart demontiert?

Bis Anfang des Jahres jedenfalls legte die FDP von Landtagswahl zu Landtagswahl und sogar in der Bundestagswahl satte Prozentzuwächse vor. Wie ist dann jedoch ihr aktueller Absturz zu erklären? Dem atomaren Gau die alleinige Schuld für das Wahlkampfdesaster in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu geben, wäre sicherlich etwas verblendet, denn kaum jemand wählt die FDP aufgrund ihrer Atompolitik oder wählt sie deshalb ab. Und wenn doch, könnte dafür schwerlich jemand den Parteivorsitzenden verantwortlich machen.

Er spielte mit dem Feuer…

Es ist vielmehr anders herum: Seit einem Jahrzehnt wählen die FDP vorwiegend jene Menschen, die der Politik nicht allzu viel Vertrauen schenken und darüber hinaus generell von einem latenten Unsicherheitsgefühl geplagt werden. Auf jene Wähler zielte die stetige Rede von der Entlastung der nicht klar umrissenen „Leistungsträger“, sowie einem unklar und unverwirklicht gebliebenem „einfacheren und gerechteren Steuermodell“. Nicht zu vergessen die polemischen Anfeindungen gegen sozial Schwächere, denen zufolge inflationsangepasste Sozialleistungen mit römischer Dekadenz gleichzusetzen wären.

Dabei sind es wohl genau jene politikverdrossenen und verunsicherten Wähler, welche der FDP in Zeiten von Rezession und Krise ihre Stimme gaben, sie ihr nun jedoch verweigern, wenn die latente Angst eher in Richtung Atomkraft geht. Hier werden nicht Argumente gewählt, sondern Gefühle. Das kann in ansonsten mageren Jahren sehr erfolgreich sein, birgt aber auch eine stete Gefahr, denn Gefühle können umschlagen – unberechenbar und dann auch noch vehement.

… doch der Ofen ist aus

Westerwelle hat versucht auf diesen Gefühlswellen zu reiten und er hat es oft auch geschafft – wenn man von seinem unsäglichen Spaßwahlkampf mit dem Antisemiten Möllemann einmal absieht. Zuletzt war jedoch nur noch sehr schwer auszumachen, wer hier eigentlich wen reitet: Westerwelle die Welle der Gefühle oder sie ihn. Polemisch aufgeheizte Äußerungen machten den Vizekanzler zum wohl unbeliebtesten Außenminister in der Geschichte der BRD. Wo alle seine Vorgänger durch die Würde und den Glamour dieses Amtes eher profitierten, verlor er stetig an beidem.

Mit ihm verlor die FDP, die nach dubiosen Deals mit den Hoteliers und der Atom- sowie Gesundheitsindustrie kaum irgendeinen politischen Erfolg oder auch nur den Ansatz einer Agenda vorweisen konnte. Das einzig noch Greifbare an dieser Partei ist ihr Personal und das lautet: Westerwelle, Rösler, Brüderle. So weckt man keine positiven Emotionen und gewinnt ganz sicher keine Wahlen. Das hat auch die FDP erkannt.

Jetzt trennt sich die Partei von dem Mann, der fast zu ihrer Inkarnation geworden ist. Wie Westerwelle sich verabschieden wird, bleibt abzuwarten. Letztlich ist auch er nur ein Mensch mit den zugehörigen Fehlern und Emotionen. Und das erweckt doch fast schon so etwas wie Sympathie.

Westerwelle

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Metamorphosen

Ein Mann suchte mich auf
und sprach mich fragend an:
Ob ich ohn Arbeit wär?
Mein Herr,
so sprach ich kurz darauf,
Ich bin von früh bis spät:
Poet!
Doch das missfiel ihm sehr –
nur was im Lohne stehe,
das gehe.

„Vermittelung muss her!“,
sprach er.
Und das missfiel mir sehr.
Nun schuftet früh bis spät
der einstige Poet,
wie blöd. Wie blöd,
dass immer nur das geht,
was in den gelben Seiten steht.
So wurde der Poet:
Prolet.

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AWACS und Ehrlichkeit

Ein Interview im Deutschlandfunk gibt heute Anlass, mich mit zwei Themen etwas genauer zu befassen. Einerseits mit dem Aufgabenprofil eines AWACS, andererseits mit Elke Hoff, die dieses Aufgabenprofil in besagtem Interview darstellen wollte.

Interviewt wurde Frau Hoff, die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP, zum neuen Mandat für einen umfangreicheren Einsatz von AWACS Flugzeugen über Afghanistan. Zu Recht wurde vor allem darauf eingegangen, wieso ein UN-Mandat für eine Flugverbotszone über Libyen denn nun eine Entsendung von Militär nach Afghanistan zur direkten Folge habe. Im Weiteren wurde Frau Hoff aber auch gefragt, ob diese AWACS nicht in Verbund mit Kampfbombern eingesetzt würden, um deren Bombenangriffe anzuleiten.

AWACS als Sanitätsflugzeuge?

Dies stritt Frau Hoff ab. AWACS Flugzeuge seien im Grunde nur dazu da, verwundete Soldaten zu evakuieren oder aus einem Hinterhalt zu befreien. Erweiterte Sanitätsflieger also? Sie sollten jedenfalls in solchen Fällen die „Luftnahunterstützung“ koordinieren und an die eingeschlossenen Soldaten heranführen. Auf die Frage, ob diese Luftunterstützung denn nicht auch Luftangriffe beinhalte und diese ebenfalls herangeführt würden, antwortet Elke Hoff, dass sie keine militärische Koordinatorin sei und über den genauen Ablauf nun nichts Näheres sagen könne.

Da stellt sich gleich die erste Frage: Wenn sie als Militärexpertin die genauen Vorgänge nicht kennt, warum hat Frau Hoff dann die Funktion der sicherheitspolitischen Sprecherin der FDP inne und ist darüber hinaus Mitglied des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestages? Nun könnte man meinen, Politiker haben oft über Fälle zu urteilen und zu reden, von denen sie keine wirkliche Ahnung haben. Frau Hoff ist jedoch auch noch im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik, dem Lobbyverband deutschen Waffenexportes sowie der Rüstungsindustrie im Allgemeinen.

Don’t ask the Hoff

Ihre Behauptung, sie kenne nun einmal die Vorgänge nicht, kann also entweder nur eine ausweichende Floskel sein oder sie übt ausschließlich Ämter aus, für die sie nicht qualifiziert ist – in mehreren Fällen gleichzeitig. Das würde kein gutes Licht auf die derzeit ohnehin recht fragwürdige Personalwahl der FDP werfen, andererseits könnte es begründen, warum ihre Aussage über das Einsatzprofil von AWACS (Airborne Warning and Control System) so realitätsfern anmutet.

Ich bin nun selbst auch kein Militärexperte, jedenfalls präsidiere ich nicht in Lobbyverbänden der Rüstungsindustrie. Aber ich wage gerne mal eine Einschätzung auf dem Boden zugänglicher Fakten: Bei einem AWACS Flugzeug handelt es sich um ein fliegendes Langstreckenluftradar. Es überwacht in Langzeitflügen also den gesamten Luftraum im Einsatzgebiet und liefert genaue Radardaten an die militärische Führung sowie die zivile Luftfahrt. Die AWACS liefern das Bild, mithilfe dessen der Luftverkehr gelenkt wird. Sie haben damit grob gesagt jene Funktion, die das Bodenradar hierzulande für die Fluglotsen hat. Wo man auf kein Bodenradar zurückgreifen kann, weil die Infrastruktur nicht vorhanden oder in feindlicher Hand ist, benötigt man AWACS.

Die unbewaffnete Waffe

Selbst bewaffnet sind die Flugzeuge dabei nicht, da sie nach Möglichkeit in großer Entfernung jeglicher Kampfhandlung operieren. Gerade das macht einen AWACS Einsatz für die deutsche Politik so attraktiv. Ihre Entsendung kann man, wie auch durch Frau Hoff geschehen, leicht verharmlosen. Es handele sich nicht um einen Kampfeinsatz, heißt es dann, man liefere ja nur Aufklärungsflüge. Noch dazu stellt man bloß die Besatzungen und keine Flugzeuge. Deutschland hat keine eigenen AWACS, höchstens Aufklärungstornados, die man hierzulange aber für die Kontrolle von Großdemonstrationen benötigt.

Diese Tornados wie zunehmend auch moderne Drohnen liefern dann auch visuelle und elektronische Nahaufklärung um etwaige Kampfeinsätze direkt zu unterstützen. Dafür sind die AWACS nicht geeignet. Eine saubere Sache und keine Waffe im eigentlichen Sinne also? Nur insofern ein Zielvisier eines Gewehrs für sich betrachtet auch noch keine Waffe ist. Eine solche Trennung ist gerade innerhalb der modernen Militärdoktrin jedoch bloß noch eine Illusion. Innerhalb der vernetzten Kriegsführung (Network-Centric Warfare) stellen die Radardaten von AWACS Flugzeugen schlicht einen Bestandteil des Aufklärungsmaterials zur Verfügung, das für sämtliche Einsätze herangezogen wird – ob nun Luftschlag oder die Evakuierung von Kampftruppen.

Aufklärung für den vernetzten Krieg

Die direkte Koordination von Luftangriffen leisten die AWACS Flugzeuge vielleicht nicht, aber zu behaupten, ihre Einsätze würden nicht auch zur Koordination von Luftschlägen beitragen, das geht an der Realität vorbei. Oder ist es realistisch zu glauben, die AWACS Einheiten schalten ihr Radar über Zonen aus, in denen gerade gekämpft wird, damit die Flugrouten der Bomber dort nicht überwacht würden? Ganz zu schweigen davon, dass die auch von Frau Hoff benannte „Luftnahunterstützung“ für eingeschlossene Soldaten in der Regel immer auch Luftangriffe auf die feindlichen Truppen beinhaltet. Wie sollte man die eingeschlossenen sonst evakuieren können?

Es nützt also ein wenig Sachverstand und diesen sollte man als Mitglied des Verteidigungsausschusses auch ehrlich an die Bevölkerung weitergeben um sie zu informieren und nicht um die tatsächliche Aufgaben der Bundeswehr auf eine solche Weise zu verschleiern und zu verharmlosen. Wo es um Militäreinsätze geht, ist dies mehr als sonst geboten um eine ehrliche Debatte zu ermöglichen. Illusionen von Aufbauhelfern in Uniformen oder AWACS, die ihre Daten bloß an Sanitätshubschrauber weitergeben, führen letztlich zu Kampfeinsätzen, die dann so niemand beschlossen haben will. Und sie lassen in der Bevölkerung nicht gerade Vertrauen in die Politik gewinnen.

Wer übrigens eine kurze und verständliche Einführung in die fortschreitend vernetzte Kriegsführung erhalten möchte, der sei auf eine Reportage über den Einsatz von Drohnen und folgendes youtube Video hingewiesen:

 

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