Der Mann mit dem komplizierten Namen

Vielleicht hat die Bild Zeitung ja Recht und Nörgler, Neider, Niederschreiber sollten einfach mal die Klappe halten. Wohl von einigen zu dieser Personengruppe gezählt, lehne ich mich entspannt zurück und betrachte beruhigt die Entwicklungen.

Thomas de Maizière ist neuer Verteidigungsminister und das beruhigt einigermaßen. Mit dem gemäßigt argumentierenden Ex-Innenminister kann man schon zufrieden sein. Auch wenn er als Innenminister so manches Mal abstruse Dinge formulierte, muss man das wohl einfach der konservativen Rhetorik anlasten. Seinen Job als Innenminister hat er jedenfalls besser und vor allem sachgerechter gemacht, als mancher Vorgänger sogar in der Version 2.0

Übrigens hat er an der hiesigen Wilhelmsuniversität zu Münster promoviert und es würde mich doch sehr, sehr (sehr) stark wundern, wenn hier jemals Bayreuther Spezi-Abläufe zum Tragen gekommen wären. Jedenfalls werden bei ihm nicht nur die eigene Person oder gar die Ehefrau ins Rampenlicht gerückt, während die Bundeswehrreform weiter im Argen liegt. Anders als Guttenberg es ja noch mehrfach betonte, hat er keinesfalls ein „bestelltes Haus“ hinterlassen. Für das Ressort selbst kann es jedenfalls als Glücksgriff gelten – und das ist das Wichtigste. Welche Possen nun allerdings von unserem zukünftigen Innenminister aus den Reihen der CSU zu erwarten sind, das kann man nur mutmaßen. Da überrascht einen das konservative Lager ja immer wieder gerne.

A propos CSU: Seehoher schäumt anscheinend noch immer vor Wut, da die CDU Funktionäre Schavan und Lammert nicht umhin konnten, ihren angemessenen Unmut über Guttenberg Luft zu machen. Das werde ein Nachspiel haben, lässt er kolportieren. Dabei hat doch gerade Schavan lediglich gesagt, sie schäme sich für Guttenberg „als Wissenschaftlerin“. Und dabei liegt sie völlig auf der Linie der Kanzlerin, wonach in einem Menschen der Wissenschaftler und der Politiker zwei gänzlich voneinander zu trennende Personen sind. Als Wissenschaftler könne man schließlich lügen und täuschen, während man als Politiker ministrabel bleibt.

Dann kann man sich doch aber umgekehrt auch als Wissenschaftler für jemanden schämen und den Mann als Politiker weiterhin beklatschen. Offensichtlich – man sollte es wohl nur nicht sagen. Naja, die Kanzlerin jedenfalls lässt verlautbaren, sie und die CDU bräuchten sich nicht über Anstand und Ehre belehren lassen. Ohne weiter auszuführen, warum denn nicht (nennt man wohl leere Rhetorik). Wenn man sich aber die vergangenen Tage ansieht, so muss man leider festhalten. Die CDU muss sich erklären lassen, was Anstand und Ehre in unserer Gesellschaft sind. Sogar von Trittin, von Gysi und vor allem von Sigmar Gabriel.

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Guttenberg – der vorerst letzte Akt

„Schmierentheater (von jiddisch simrah „Gesang“) ist ein abwertender Ausdruck für oberflächlich und unsorgfältig gemachtes Theater, zum Beispiel mit chargierenden [, d.h. überzeichnenden] Schauspielern.“ (wikipedia)

Da tut einer den großen Opfergang und wirft sich selbst weg um Schaden von anderen abzuwenden. Nicht er hat irgendeine Verfehlung begangen, sondern die Kräfte der Zeit stehen gegen ihn. Die Presse wirft ihm Dinge vor, die er nicht getan haben will. Die Gegner rotten sich zusammen, behandeln ihn respekt- und gnadenlos mit ihren Anschuldigungen, die er nicht ausräumen kann. So erkennt er bald, dass sein Verbleib als Minister nicht nur seinen „mit Herzblut“ geliebten Soldaten das Medieninteresse raubt, sondern auch der Glaubwürdigkeit seiner politischen Freunde schadet.

Was bleibt ihm da noch anderes zu tun, als wochenlang herumzudrucksen und vor stets genau ausgewählten Kameras kurze Statements zu verlesen, die den jüngsten Erkenntnissen zu seinen Verfehlungen angepasst sind. Ich hoffe Sie lesen die Ironie heraus, denn diese ganze Selbstinszenierung ist eine unglaubliche Farce. Der Schlussakt an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten:

Nachdem dieser Tage viel über Anstand diskutiert wurde, war es für mich gerade eine Frage des Anstandes zunächst die drei gefallenen Soldaten mit Würde zu Grabe zu tragen und nicht erneut ihr Gedenken durch Debatten über meine Person überlagern zu lassen.“ (Quelle: Guttenberg)

Wer leidet hier eigentlich?

Was ist an diesem Satz falsch? Er ist schlicht kontrafaktisch. Guttenberg hat genau das nicht getan, denn er hat das Gedenken der Soldaten durch die Debatte um seine Person überschatten lassen, gerade weil er nicht den Anstand hatte zurückzutreten, als er selbst längst um die Richtigkeit sämtlicher Anschuldigungen wusste. Und er ist sich nicht zu schade, dieses Andenken an die Toten Soldaten weiterhin als Schutzschild gegen berechtigte Vorwürfe an seine Person zu missbrauchen.

Ich muss das hier noch einmal in aller Deutlichkeit schreiben, sonst glaube ich das selbst nicht: Dieser Mann, dem von seinem „äußerst honorigen Doktorvater Häberle“ (so Guttenberg) nun schwere Mängel und Verfehlungen bis hin zur  Rufschädigung vorgeworfen werden und der von dessen Nachfolger schlicht als dreister Betrüger bezeichnet wird, dieser Mann tritt einzig und allein deswegen zurück, weil der Druck seitens Medien und Opposition zu groß geworden sei. Und weil man ihm unsachlich und respektlos begegne. Ihm respektlos begegne.

Aus Fehlern lernt Mancher

Guttenberg: „Es ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens.“ Und er hat daraus nichts, gar nichts gelernt. Er ist sich keiner Schuld bewusst, denn er hat ja weder absichtlich getäuscht noch ist er selbst an den widrigen Umständen Schuld, die ihm die weitere Ausübung seines Amtes unmöglich machen. Nicht einmal seine Selbstinszenierung variiert er. Oder wie er es selbst sagt:

„Nun wird es vielleicht heißen, der Guttenberg ist den Kräften der Politik nicht gewachsen. Das mag sein oder nicht sein. Wenn ich es aber nur wäre, indem ich meinen Charakter veränderte, dann müsste ich gerade deswegen handeln.“ (Quelle: Guttenberg)

Eine Charakteränderung ist von Guttenberg wahrlich nicht zu erwarten.

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Von und zu „Sargnagel“

Was für ein schönes Wochenende: Sich handwerklich betätigen und dabei anderen Menschen helfen, endlich mal wieder etwas Säure auf die Batterie gekippt und schlussendlich noch einen entspannten Sonntagmorgen mit Pressespiegel und Wochenrückblick durchlebt. Ich hatte schon ganz vergessen, dass im Fernsehen auch gute Dinge angeboten werden. Dabei fiel nicht nur auf, dass mittlerweile Nordafrika auf Presselandkarten komplett in Flammen steht. Auch die Causa Guttenberg konnte man noch einmal im Zeitraffer Revue passieren lassen.

Das Thema ist mir ja mittlerweile selbst leidig und mein Blog verkommt langsam aber sicher zu einem Guttenberg-Watchblog. Ich bin allerdings auch nach einigen Gesprächen am Wochenende zu dem Thema nun immer zuversichtlicher, dass die Affäre jetzt ihren guten Gang nimmt. Wenn die CDU schon Herrn Mappus bemüht um Guttenberg zur Seite zu springen, hat man ihn intern vielleicht längst aufgegeben.

Es war auch sehr vielsagend, noch einmal das Gesicht von Norbert Lammert während der aktuellen Stunde und dieser Verteidigungsfarce um Guttenberg gezeigt zu bekommen. Man kann schon Mitleid mit ihm haben, da er momentan unumstößliche Beweise für das andauernde Fehlverhalten und die Verschleierungstaktik des Verteidigungsministers recherchieren muss, während um ihn herum die linientreuen Kollegen einem offenkundigen Betrüger (noch) Beifall klatschen (müssen). Er hat sich schließlich eindeutig dazu geäußert.

Nach dem akuten Schock um derlei dreiste Machenschaften des Barons kommen selbst seine Parteifreunde langsam zur Besinnung und erkennen an, welchem Trugbild sie aufgesessen sind. War man letzte Woche in jedem Statement nicht müde zu betonen, welch herausragender Verteidigungsminister Guttenberg doch sei, traut man sich jetzt auch endlich daran, seine fachliche Arbeit in seinem Ressort zu bewerten. Und diese Bewertung fällt offenkundig auch seitens des Kanzleramtes alles andere als rosig aus. Die ehemals mutige Reform entpuppt sich als „rudimentär und unausgewogen“. Katerstimmung.

Die Kanzlerin hat offenkundig keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter oder ausgezeichneten Verteidigungsminister eingestellt, sondern bloß einen populären Politiker. Man könnte auch sagen: Einen guten Blender. Auf den lässt sich angesichts der anstehenden Landtagswahlen und der schon jetzt prekären Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nur schwerlich verzichten. Könnte man jedenfalls meinen.  Und so begibt sich die CDU in ein äußerst zweifelhaftes Abhängigkeitsverhältnis, dessen Sinn umso fragwürdiger erscheinen wird, wenn Norbert Lammert dem damaligen MdB Guttenberg erst Amtsmissbrauch und die Universität Bayreuth ihm vorsätzliche Täuschungsversuche bescheinigen werden. Beides ist schon jetzt abzusehen.

Man kann nun Ausschau halten nach dem Punkt, wo sich die Welle bricht und unweigerlich zurückrollen wird. Dann wird aus dem Menschen mit von ihm selbst als schmerzlich empfundenen Fehlern, die einzugestehen eine Stärke darstellt, plötzlich der arrogante Baron, der seine dreisten Verfehlungen durch Schmierentheater zu verschleiern sucht – sofern er keinen Sündenbock ausweisen kann.

Etwas Gutes hat es dann ja, zumindest für den Leumund seiner vormaligen Sündenböcke. Und es wird ein Lehrstück bleiben für unsere politische Kultur. Nämlich dass Glaubwürdigkeit zwar nicht mehr zu den Eigenschaften gehört, die man gemeinhin einem Politiker zuschreibt. Beliebtheit aber eine Droge bleibt, die selbst in großen Dosen nicht den Markenkern einer Partei ersetzen kann. Und dieser war bei der CDU/CSU einmal so etwas wie bürgerliche Redlichkeit. Vor „Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg“.

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Bilderrätsel der Woche

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Als Preise winken: Die vorübergehende Ablegung eines akademischen Titels ihrer Wahl, eine tobende Opposition sowie steigende Beliebtheitswerte.Nehmen Sie sich ruhig das ganze Wochenende Zeit und lassen Sie sich helfen. Das ist hierbei natürlich erlaubt.

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Aktuelle Stunde: Guttenberg

Das war sie also, die Fragerunde der Aktuellen Stunde im Bundestag zum Plagiatsfall Guttenberg. Das Ergebnis entspricht den Erwartungen: Guttenberg sagt, er hätte in der Bewältigung dieser Krise alles richtig gemacht. Er habe sich ja seine Fehler – die natürlich nur seiner Überbelastung als Politiker und Familienvater im Dienste der Allgemeinheit entsprungen seien – sofort eingestanden. Sämtliche seiner Äußerungen wurden von seiner Fraktion mit Beifall bedacht – selbst die bloße Nennung von Jahreszahlen und Gutachten.

Strategie: Gestaffelte Defensive

Seine Strategie bleibt dabei unverändert. Er verweist auf das laufende Verfahren der Uni Bayreuth. Er bestreitet plagiiert zu haben und spricht von unabsichtlichen Fehlern, behauptet einen eigenständigen, wissenschaftlichen Wert seiner Arbeit. Auf die Frage, ob man bei diesem Ausmaß von kopierten und leicht abgeänderten Stellen, wie es die Internetplattform Guttenplag stichhaltig herausgearbeitet hat, überhaupt noch ernsthaft von Fehlern reden könne, verweist der Baron allen Ernstes darauf, dass man nun erst einmal „intensive Quellenarbeit“ betreiben müsse. Er sehe einige Fehler ein, aber ein Großteil der auf Guttenplag angeführten Stellen sei mit einer wissenschaftlichen Arbeitsweise dennoch vereinbar. Die Anschuldigungen sind nach seinem Dafürhalten also weit übertrieben.

Ob er in der nunmehr hinfälligen, ehrenwörtlichen Erklärung alle Zitate kenntlich gemacht zu haben und selbst der Verfasser dieser Arbeit zu sein, nicht eine irreparabele Beschädigung seiner Person sähe, beantwortet er nicht. Er habe ja nun einmal nicht vorsätzlich getäuscht. Sondern, wie er zuvor betonte, „man hat an der ein oder anderen Stelle“ schlicht „den Überblick verloren“.

Guttenberg bleibt sich treu

„Man“ muss sich einmal Guttenbergs Strategie vor Augen führen. Er hat sich noch immer nicht dazu geäußert, wie diese Stellen auf diese Art und Weise – nämlich nicht als unausgewiesene Zitate, sondern als leicht variierte, kopierte Stellen im Fließtext – in seine Arbeit gekommen sind. Soviel zu seiner angeblichen Mitwirkung bei der Aufklärung dieses Falls. Eine sachliche Verteidigung, wäre sie möglich, sähe anders aus. Er hat bisher nur gesagt, warum er das getan habe: Weil er zu beschäftigt gewesen sei. Sich das einzugestehen und den Doktortitel „zurückzugeben“ bevor er ihm aberkannt wird, das sind seine persönlichen Konsequenzen, die er für ausreichend, „ehrlich und richtig“ hält.

Barbara Hendricks von der SPD stellte dabei die bemerkenswerteste Frage. Sie zitierte aus einem Papier der Bundeswehr an studierende Soldaten, wonach das Plagiieren oder unausgewiesene Zitieren innerhalb einer universitären Arbeit als Täuschung und „keinesfalls als Kavaliersdelikt“ anzusehen ist. Es sei auch dem Vorgesetzen zu melden. Sie fragte also den Verteidigungsminister, welche Konsequenzen er für Bundeswehrsoldaten sehe, die sich solcher Vergehen schuldig machen würden und weiter, wie er als oberster Dienstherr überhaupt noch für solche Weisungen stehen könne.

Modernes Vorbild

Guttenbergs Antwort fasst seine Position angesichts des Skandels zusammen: Sein Umgang mit den „Fehlern“ innerhalb seiner Doktorarbeit sei vorbildlich gewesen und könne damit auch als Vorbild für jene Soldaten gelten. So sieht also Demut, Anstand und Reue heute aus. Applaus Applaus.

Nachtrag: Der weitere Verlauf der aktuellen Stunde ergibt kein neues Bild. Einzig hinzuzufügen wären die Verteidigungsversuche der konservativen Fraktion: Die Verfehlungen des Studenten Guttenbers spielten überhaupt keine Rolle, seien ja schon Jahre her. Die Opposition sei  im Übrigen bloß neidisch, betreibe bloß eine Kampagne und solle sich entschuldigen. So sehen sachliche Auseinandersetzungen aus, die Anschuldigungen im Kern zu entkräften versuchen.

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