Muss Deutschland sterben?

Es ist ja noch gar nicht so lange her. Sie erinnern sich? Ein gelangweilter Arbeitsloser zündete nachts Autos an. Über ein paar Monate hinweg geisterte es immer wieder durch die Schlagzeilen als die Form des politisch motivierten Terrors. Die Polizei und viele Politiker sowie Medien des üblichen Spektrums sahen schon eine neue RAF am Horizont. Man fühlte sich genötigt, über die neue Gefahr von links zu debattieren – brennende Luxuskarossen konnten ja nur das Werk extrem gewaltbereiter Linksterroristen sein. Und dann fingen die auch noch an, Brandsätze an unbewachten Schienen zu legen und dadurch Verspätungen im Fernverkehr zu verursachen. Das konnte nicht nur, das musste die neue RAF sein.

Dass Nazis dagegen über ein Jahrzehnt Kleinunternehmer und sogar Polizisten erschossen haben, Bomben und Brandsätze in Ausländerwohnvierteln legten, schließlich ihr Haus in die Luft sprengten, das blieb bis zuletzt unbemerkt, unkommentiert, unempört. Es ist schlicht nicht weiter aufgefallen, auch wenn die Morde wohl alle mit der gleichen Waffe begangen wurden. Und nun? Man zeigt sich bestürzt, beschämt. Das war es aber auch.

Linker Terror! Rechter Terror?

So ist das nunmal: Wenn ein Mercedes SLK brennt, dann wird den schon ein Linker angesteckt haben, der potentiell noch viel gefährlicher ist. Man fühlt sich bedroht und möchte Konsequenzen sehen. Wenn ein Südländer erschossen wird, dann wird der schon irgendwo Dreck am Stecken gehabt haben und man hält sich besser raus. Vielleicht lässt man noch einen lapidaren Kommentar über die Kriminalität dieser Südländer fallen. Wenn dann zehn Südländer mit der gleichen Waffe erschossen werden, dann muss das wohl ein Auftragsmörder der Mafia gewesen sein – mit einem Faible für erdrückende Beweislast. Kennt man ja aus Filmen.

Offensichtlich ist niemand überhaupt auf die Idee gekommen, dass es so etwas wie eine fremdenfeindliche Mordserie, eine rechte Terrorgruppe geben könne. Aber das ist ja beileibe nichts Neues und das Problem der gezielten Unterschätzung des rechten Gewaltpotentials bekannt und dokumentiert. Man kann ja fast froh sein, dass Innenminister Friedrich wenigstens nach Tagen in die übliche Forderung nach einer zentralen „Terrordatei“ verfällt. Warum fordert er eigentlich nicht den umfassenden Einsatz der PC-Überwachung durch Trojaner? Achja, wird ja neuerdings nicht mehr so gern gehört. Außerdem kommunizieren die rechten Terrorgruppen ja auch gar nicht per kompliziert verschlüsselter Emails und reisen über den gesamten Globus. Die tauchen einfach unter und sind weg. Oder halt in Sachsen. Wer soll sie da noch finden? Hätten Sie Lust, da zu suchen?

Rechte Parteien verbieten? Dann aber bitte alle

Nun also auch eine erneute Debatte über ein NPD Verbotsverfahren. Das hat ja beim letzten mal schon so viel gebracht. Vor allem hat es aufgezeigt, welche tragende Funktion Staatbedienstete in dieser Partei ausgeübt haben. Zur Erinnerung: Drei von Sieben Verfassungsrichtern sahen bei der NPD aufgrund der vielen V-Männer „fehlende Staatsferne“, weshalb man sie nicht verbieten könne und das Verfahren nicht eröffnet wurde. Das bedeutet im Klartext: Man kann die Partei schon allein deshalb nicht für verfassungsfeindlich erklären, weil sie größtenteils vom Staat selbst betrieben wird. Das muss man sich mal auf den Neuronen zergehen lassen.

Das Verbot war in den letzten Jahren folglich kein Thema mehr. Hauptthema dagegen der zuständigen Ministerin in erster Linie: Deutschenfeindlichkeit. Ja, Sie werden es sicher schon bemerkt haben, welche ansteigende Welle des Hasses auf unser Volk uns im eigenen Land entgegenschlägt. Kristina Schröder und die CDU haben es jedenfalls, oder glauben es zumindest. Sie ist ja nicht die einzige gewesen, die da irrlichterte.

Scheiß Deutscher

Da kann man sich leicht vorstellen, welche Warnleuchten in einem konservativen Kopf zu blinken beginnen, wenn ein Rentner von einem Türkischstämmigen als „Scheiß Deutscher“ beschimpft oder gar verprügelt wird. Wenn dagegen ein Türkischstämmiger als „Scheiß Ausländer“ beschimpft oder gar verprügelt wird, scheint in selbigem Kopf nichts aufzuleuchten. Es bleibt dunkel. Wahrscheinlich, weil in beiden Fällen das Problem auf der Seite des „Türken“ gesehen wird. Wie weit rechts der konservative Deutsche in der Regel einzuordnen ist, wurde ja ebenfalls gut dokumentiert.

Und da beantwortet sich eigentlich auch direkt die Frage, ob man den irrlichterkettenden Massen zutrauen möchte, ein tatsächliches Zeichen gegen Rechts zu setzen, oder doch eher denjenigen, die Naziaufmärsche aktiv verhindern. Selbst jetzt wird man ja von den meisten Menschen noch müde belächelt, wenn man sagt, es gebe in Deutschland offensichtlich so etwas wie rechte Terrornetzwerke. Glatzen passen wohl nicht in das Klischee eines Terroristen, wie der Deutsche ihn sich gerne vorstellt, oder überhaupt vorstellen kann. Nazis haben aber in Deutschland in den vergangenen 10 Jahren mehr Menschen ermordert, als jede andere politische, religiöse oder sonstwie weltanschaulich einzuordnende Gruppierung. Das war schon vor der NSU, ist unabhängig von ihr so und dagegen gilt es einzuschreiten. Als Mensch und als Staat:

 

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Das war sein Jahr

So oft
so schlecht geschlafen.
So oft
so schlimm geträumt,
und Schlimmeres versäumt
in Morpheus‘ sichrem Hafen.
Er sah
die Liebe und das Leben
widerstehn und niedergehn.
Todesjahr, ganz und gar.
Er hofft,
      durch so viele Arme geglitten,
      vor so vielen Blicken gelitten,
      für so viel Nichts gestritten,
dass es das letzte war.

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Nein!

Ob wohl die Chance besteht,
und ob ich mich vom Reim,
des Metrums karger Fron,

nur einmal kann befrein,
und frei und fröhlich sein,

das wissen Sie doch schon.
Die Antwort lautet…Neim?
Nanu, schau her – es geht!

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Abiose [überarbeitet]

Glocken künden deine Reise,
Socken nicht, den Kopf voran,
im Geleit singen sie leise,
Priestersätze heben an.
Edler Sarg, Krawattenkragen,
Klagen, ehrlich vorgebracht;
Stricke reiben über Zargen,
Madenbett und Erdennacht.
Letzte Träne, letzte Rose,
lose Augen, Regenschlag.
Jetzt heißt es wohl Abiose…
Froh, wer mal so enden mag!

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Freund, nun

herbei und reich mir jenen Trunk zur Hand.-
Dem Schluck Vergessen harret eine Welt,
die bloße Trägheit noch in Fugen hält,
und Fäulnis, der ein Durst entbrannt.

Nimm das Geschirr und fülle es zum Rand.
Was mich ans Leben knüpft – zertrenn das Band.
Den Trank aus blassem Kraut, vom Doldenwein,
nun schenke ein, den Flurenmost und – Nein!

Kein Zweifel wäre mehr, der an mir nagt.
Wer stets gewann, ist der, der nichts mehr wagt.
Das Haar ist grau, die Wangen werden fahl,
reich einem alten Streiter den Pokal.

Freund hilf, und sei nun frisch zur Hand.
Dem Schluck Vergessen harret eine Welt,
die aus dem Nichts entstand
und die ins Nichts zerfällt.

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