Führungsschwäche? Fehlanzeige!

Ich habe mich ja schon lange nicht mehr zur Tagespolitik geäußert, außer natürlich mit einem hoffentlich zur Kenntnis genommenen Augenzwinkern anlässlich des 140. Jubiläums der deutschen Einheit. Aufmerken lassen mich nun jedoch jüngere und ältere Ereignisse aus genau dem Bereich, mit dem ich mich zuletzt des Öfteren beschäftigt habe: Der Bundeswehr.

Seitdem nämlich der nunmehr größte Hoffnungsträger des deutschen Volkes, Karl Theodor Guttenberg, das Verteidigungsresort übernommen hat, scheint es dort drunter und drüber zu gehen. Allem Anschein nach albern Soldaten in ihrer Freizeit mit Handfeuerwaffen herum, weil sie sonst nicht die Gelegenheit dazu haben (seltsam, wo es sich doch um einen Krieg handeln soll) und erschießen sich dabei gegenseitig. Feldpostbriefe werden von unbekannten Händen geöffnet und leer weiterverschickt. Darüber hinaus kommt es auf der Galionsfigur der Deutschen Marine, der Gorch Fock, zu so genannten Meutereien.

Die Azubis meutern

Dass dieser Begriff bei ein paar, zugegebenermaßen direkten Befehlsverweigerungen etwas übertrieben ist, muss nicht weiter erläutert werden. Sinnbildich ist dieser Vorfall dennoch und seltsam mutet es dabei an, dass sämtliche Berichterstattung und Meinungsäußerung zum Vorfall direkt die Befehlsverweigerer in Schutz nimmt und eine „Aufklärung“ (Neudeutsch für Verurteilung) hinsichtlich der Rolle der höheren Dienstgrade in diesem Fall und bei dem Unfalltod einer Kadettin im Vorfeld fordern.

Von Führungsschwäche wird gesprochen, von „Drill“, „Schikane“ und dergleichem. Nun muss man kein Wehrdienstverweigerer wie meine Wenigkeit sein um die Überzeugung zu teilen, dass Drill und Schikane zur Bundeswehr ebenso dazu gehören wie Büchsenfleisch und Schießgewehre. Deswegen verweigert man ja: Ein Segelschulschiff ist kein Ausflugsdampfer, ein Seekadett kein jugendlicher Azubi und ein Offizierslehrgang kein Seminar, welches man einfach jederzeit verlassen kann. Woran das liegt? Weil Soldat nun einmal kein Job im herkömmlichen Sinne ist – so gerne man ihn auch heute als eben solchen sehen möchte. Vor allem ein Offizier ist kein bloßer Arbeitnehmer in Uniform. Er hat Pflichten und Verantwortung, muss etwas Höherem verpflichtet sein als bloß einer rechtlichen Dienstordnung. Schon allein weil er scharfe Waffen führt.

„Soldaten sind Mörder?“

Soldaten sind dazu da um nicht nur im Notfall zu kämpfen und zu sterben – leider scheint ihnen das heute niemand mehr zu sagen. Man bekommt die jungen Leute ja auch leichter heran, wenn man ihnen bloß von der tollen Bezahlung und einem bezahlten Studium vorschwärmt. Dem seltsamen Berufsbild des zur Selbstverteidigung bewaffneten Aufbauhelfers entspricht es dabei wohl nicht mehr, dass man sich auf (nicht weiter zu hinterfragendem) Befehl in Gefahr begeben muss. Dabei ist es nicht feindliches Feuer, vor dem die Seekadetten zurückschreckten, sondern die alltägliche Arbeit auf dem Schiff, für das sie sich freiwillig gemeldet hatten. Ihre Ausbilder bezeichneten sie angeblich als Mörder, weil sie diese alltägliche Arbeit befohlen hatten und eine Kadettin dabei aus der Takelage gestürzt und zu Tode gekommen war. Wie dieser Unfall trotz Sicherung passieren konnte, das gilt es aufzuklären. Wie heikel es jedoch ist, Soldaten als Mörder zu bezeichnen, wissen wohl vor allem die Zivis unter uns nur zu gut.

Unserem Verteidigungsminister wird dies, nebenbei bemerkt, kaum schaden. Wie könnte es auch. So titeln Nachrichtenmagazine nicht mit dem eigentlichen Skandal, sondern lieber gleich mit der Reaktion des Hoffnungsträgers: „Guttenberg fordert Aufklärung“. Das ist in etwa so, als würde man einen investigativen Bericht darüber bringen, dass Aldi seine Kassiererinnen aufs Schlimmste schikaniert und man betitelt das ganze mit „Gebrüder Aldi fordern Aufklärung – Anscheinend Menschenrechtsverstöße in ihren Filialen.“ Da bleibt das Image natürlich sauber, obwohl selbst Unionspolitiker ein mangelndes „Informationsverhalten“ des Ministeriums anprangern. Sprich: Es wird verschleppt, verschwiegen und womöglich sogar vertuscht. Aber das wäre ja nichts Neues. Man denke nur an einen ominösen Tanklaster und was die Konsequenzen seiner Bombardierung waren…

Nachtrag: Als hätte ich es geahnt. Soeben geht die Meldung ein, dass unser Verteidigungsminister den langjährigen Kapitän der Gorch Fock, Norbert Schatz, telefonisch von seinem Posten enthoben hat lassen. Dies noch bevor die angeordnete Untersuchung der vergangenen Vorkommnisse überhaupt begonnen hat. Womit die Untersung also nunmehr im Grunde hinfällig geworden ist, denn Guttenberg hat den Schuldigen offensichtlich schon gefunden. Wie gut, dass er stets über alle Vorgänge in seiner Armee ausreichend informiert ist, um solche sachgerechten Entscheidungen zeitnah zu fällen. So gelingt es ihm, jegliche Kritik am Ministerium durch Ausweisung eines Schuldigen im Keim zu ersticken. Dies bewies er schon zuvor mit der zeitnahen Entlassung des Generalinspekteurs Schneiderhahn, als erstmals Kritik an der Person Guttenbergs laut wurde. Fragt sich nur wer als nächstes über die Planke springen muss….

Veröffentlicht unter aktuelles, Zur Sache selbst | Verschlagwortet mit , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Festrede anlässlich des 140. Reichsgründungstages

Freunde, Kameraden, Deutsche,

wir sind zusammengekommen um am heutigen Tage das 140. Jubiläum der deutschen Einheit gebührend zu feiern. Nie hätten wir mehr Anlass gehabt, dies zu tun. Nach Jahrzehnten der Irrungen lässt sich heute endlich feststellen: Wohin man schaut, obsiegt die nationale Idee.

Der Kulturkampf ist lediglich im Geschichtsunterricht ein Thema – dieses Volk kennt nur noch Deutsche. Selbst die zur Randgruppe geschrumpfte Sozialdemokratie hat den Irrglauben des Internationalismus längst abgelegt. Die Katholiken brechen mit der überkommenen, transmontanen Bevormundung oder schwören ihrem Glauben gleich völlig ab.

Der deutsche Arbeiter kennt keine Klassen, ja selbst Schichten nicht mehr. Ihm gilt es nur noch seine Teilhabe an den Früchten der deutschen Schicksalsgemeinschaft vor allen Anderen zu verteidigen. Die Sorge und Verantwortung für seinen Nächsten, für den armen Volksgenossen, gibt er in die Hände eines strengen, aber gerechten Staates. Verhungern muss bei uns Keiner. Essen soll jedoch nur, wer auch arbeitet!

Das deutsche Interesse geht vor. National wie auch in der Staatengemeinschaft. Unser guter Ruf und unsere sprichwörtliche Verlässlichkeit haben uns zu einer führenden unter den Nationen gemacht. Dies unterstreichen wir nicht mehr nur durch unsere überlegene Kultur jüdisch-christlicher Prägung, sondern endlich auch wieder mit Blut und Eisen. Natürlich nie ungerechtfertigt und im vollen Bewusstsein unseres historischen Auftrages – vom Talib lassen wir uns auf der Nase nicht herumtanzen!

Die deutsche Frau wird wieder Mutter. Ihr Wehklagen gilt nur noch der geringen Bezahlung, welche man ihr bis zum Eintritt in den Mutterstand für die bis dahin ausgeübten Nebenbeschäftigungen zahlt. Sie mag also diese fruchtlosen Tätigkeiten nunmehr endlich wieder zur Gänze einstellen oder man soll ihr doch ein höheres Salär in jovialer Großmut gewähren.

In der Hauptsache aber bleibt: Vorbei sind die Auswüchse sexueller, sogenannter „Befreiung“. Das Luderleben einer, womöglich noch lesbischen Emanze mit ihrer bindungs- und verantwortungslosen Raubtierethik dient nur noch als Lachnummer im Fernsehprogramm oder Schreckgespenst für die Erziehung ehrbarer, deutscher Mädel.

Wir gedenken heute dem Beginn dieses Siegeszuges: Der Einigung unseres Vaterlandes. Heute ist sogar das Volk wie einst die deutsche Scholle, zumindest in ihrem eigentlichen Kern, geeint. Unsere Wirtschaftsmacht sucht Ihresgleichen. Keine Zunge gibt es, in welcher der Name „Deutscher“ nicht mit Respekt gesprochen wird. Die deutsche Nation ist endlich angekommen. Ehrfurchtsvoll lasst mich also rufen:

Es lebt und lebe das heilige Deutschland!
Glück auf!
Prost!

Veröffentlicht unter aktuelles, nun zu etwas ganz anderem ... | Verschlagwortet mit , , , , | 2 Kommentare

Programmschrift einer neuen Utopie

Diese Größe will nicht verändern und wirken, diese Größe will sein. Immer beanstandet von der Stupidität des Rationalismus, immer bestätigt von den Genien der Menschheit selbst.“ (Gottfried Benn, „Können Dichter die Welt verändern“)

Eine utopische Idee ist ein Projekt, das im strengen Sinne noch nicht wirklich ist. Da wir uns in unserem Denken heute vor allem an der Wirklichkeit zu orientieren hoffen, haftet ihr deshalb von vornherein ein Makel an. Die utopische Idee widerspricht unserer wichtigsten Maxime, nämlich den Tatsachen. Damit erscheint sie uns praktisch nutzlos. Genau darin liegt ihre Stärke.

Eine neue Utopie kann, sie darf keine Handlungsanweisung mehr geben. Unsere Gesellschaft absorbiert sämtliche Tätigkeit und wandelt sie in einen wertschöpfenden Prozess um. Durch buchstäbliche Vermarktung degenerieren selbst alle Protestformen und vermeintlich alternative Lebensentwürfe zu bloßen Stilelementen. Sie werden kanalisiert (arte), banalisiert (rtl) und kommerzialisiert (mtv). Die erhofften Alternativen, die beabsichtigten Proteste, sie alle werden zu einer Sparte dessen, wogegen sie sich ursprünglich richteten. Der Veganer ist der Lebensmittelindustrie sogar ein besserer Kunde, er gibt mehr für seine Produkte aus, da sie eine stärkere industrielle Verarbeitung erfordern und den Wertschöpfungsprozess somit steigern. Auch Sozialrebellen kaufen teure T-Shirts von kleinen Händen hergestellt.

Auf diesem Wege befördert letztlich jeder Versuch, der Gesellschaft neues Leben einzuhauchen, die Verwertungskette jener Maschinerie. Alles wird verarbeitet, wie gehabt und der vermeintliche Saboteur ist in Wahrheit nichts als ein lieber Kollege. Jeder ist werktätig – man kann gar nicht anders. Deshalb soll es etwas geben, das nicht Werk ist. Eine neue Utopie darf also nicht den Anspruch haben, im strengen Sinne verwirklicht zu werden. Sie kann nur als Utopie funktionieren: Sie muss unverwirklicht bleiben. Ohne sie können wir nur funktionieren: Dort, wo selbst Freundschaft über das social networking zum Marketinginstrument geworden ist, muss sie auch privat bleiben.

Das einzig verbliebene Private jedoch ist eben jenes, was vor allen Taten und jeder strengen Wirklichkeit liegt: Das Denken. Die neue und wohl letztmögliche Utopie muss also eine Utopie des bloßen Denkens sein.

Gonzosophie, Philosophie in diesem Sinne, ist deshalb eine Kunst des Denkens – nicht bloß Artistik und auch nicht Ästhetik. Der Gedanke als Kunstform definiert sich dadurch, nicht zum Gebrauch gedacht zu sein. Er muss gelöst sein von der Vorstellung des Nutzens, aufgelöst im bloßen Gedankenspiel – ein Spiel mit heiligem Ernst und Hang zur Freiheit. Diese Denkfigur versucht nutzloses, wertfreies Denken zu kultivieren und letztlich zu einer Geisteshaltung zu werden, in der sich vielleicht sogar Schönheit entfalten kann. Wo sie nicht ist, wird sie eben erschaffen, als Kunstwerk.

Es kommt dabei gar nicht darauf an, diese Schönheit zu erreichen oder das Denken in irgendeiner Form zu manifestieren. Der Gedanke selbst ist das Urkunstwerk und der Gedankenkünstler bleibt taten- und wortlos. Man muss sich den Gonzosophen als einen faulen Menschen vorstellen. Was jedoch nicht heißen soll, dass diese Kunstform ohne Folgen bleibt. Schafft dieses auch keine genuinen Handlungen, bleibt das Denken doch deren Ursprung im Individuum, wo auch das Gedankenspiel seine Folgen zeitigt. Natürlich drückt sich nur im Handeln eigentliche Freiheit aus. Denken jedoch ist reine Handlung.

Probieren Sie es aus. Trauen Sie sich, einmal nutzlos zu denken. Die Wahrheit ist nutzlos, anders als Wissen. Um Wissen kann es deshalb nicht gehen, jedoch in Wahrheit um Wahrheit, die vielleicht in der herkömmlichen Kunst, sicher jedoch im eigenen Denken er-lebt werden kann. Werden Sie dadurch verrückt? Womöglich. Die Mittelhaftigkeit und Zweckmäßigkeit Ihres Denkens wird jedenfalls akut gefährdet. Doch vielleicht sind Sie ja mutig genug, sich der Gefahr des freien Denkens zu stellen?

Veröffentlicht unter Gonzosophische Lebenshilfe, Minima Memoralia, Zur Sache selbst | Verschlagwortet mit , , , , , , | 2 Kommentare

75.

Eigentlich hatte ich ja einen thematischen Text auf der Pfanne, aber an diesem Tag muss ich doch einfach mal jemandem huldigen, der mir über schwere Zeiten hinweg und durch gute Zeiten hindurch geholfen hat:

Happy Birthday Mr. Allen!

Was soll man groß sagen? Wer ihn versteht, der liebt ihn. Wer ihn nicht mag, versteht eine gewisse Selbst- und Weltsicht nicht, für die ihn seine Anhängerschaft verehrt. Gefragt, ob es sein Traum sei, in den Herzen der Menschen weiterzuleben antwortete Woody: „Ich würde gerne in meiner Wohnung weiterleben.“ Das ist ihm zu wünschen, noch viele produktive Jahre lang.

Veröffentlicht unter aktuelles, nun zu etwas ganz anderem ... | Verschlagwortet mit , | Schreib einen Kommentar

Nonesense in Danger

Mal angenommen Sie wären reich. Also so richtig reich – am besten sogar reich verheiratet, damit Sie nicht einmal etwas tun müssten, um Ihren Reichtum aufrecht zu erhalten. Sorgenfrei reich. Dann säßen Sie mit ihren ebenfalls reichen und sorgenfreien Freunden herum, in Los Angeles oder Paris und würden sich so überlegen, was man denn mal tun könnte. Dazu hätten Sie sehr, sehr viel Zeit, denn tun müssen müssten Sie ja nichts. Irgendwann, nachdem Sie die Salons abgeklappert und in der Glotze den ganzen Unrat der globalen Krisen durch haben, da kommen Sie vielleicht auf die Idee: „Mensch, ich könnte doch auch mal was Gutes tun, so wie die da im Fernsehen mit den usseligen Haaren.“

Gutes tun tut gut … tun

So kann man sich erklären, warum es unter reichen und berühmten Menschen seit Längerem Usus ist, dass man sich unter Anderem den Anschein des sozialen Gewissens verleiht. Nicht nur wegen Karma oder Publicity – es trägt einfach zur Wellness bei: Wenn an Ihren Mercedes mal wieder die schlechtgelaunten Massen der Fußgänger anbranden oder sie gar einen Obdachlosen über den Haufen fahren (lassen), dann fühlen sie sich einfach besser, sollten sie vorher zumindest ihren guten Namen für irgendetwas richtig Anständiges hergegeben haben.

Sie sind ja aber wie gesagt nicht irgendwer sondern etwas ganz Besonderes und also muss ihre gute Tat auch etwas ganz Besonderes sein. Anstatt nun also endlich anzufangen, als gewöhnlicher, ehrlicher und namenloser Steuerzahler aufzutreten und wie jeder normale Mensch öffentliche Schulen und Polizeiwachen zu finanzieren, wissen Sie doch viel besser, wie man das viele Geld sinnvoll einsetzen könnte. Und zwischen die Demonstranten mit den usseligen Haaren können Sie sich auch nicht einfach setzen, schließlich müssten Sie dann ständig Autogramme und ihre Kostüme in die Reinigung geben.

Wofür hat man Freunde?

Was tun? Sie wollen ja weiterhin reich und sorgenfrei bleiben, also am Besten machen Sie etwas Unverbindliches. Sie könnten sich bei einer Stiftung engagieren, als Botschafterin für irgendetwas oder zumindest als galanter Großspender. Da gibt es ja mannigfaltige Möglichkeiten und etablierte Organisationen um ihrem Tatendrang Abhilfe zu verschaffen. Wäre es jedoch nicht viel besser für das eigene Wohlbefinden, nicht nur eine bloße Botschafterin, etwa einer Kinderhilfsorganisation zu sein? Sie sind ein Mensch mit Anspruch, selbstbestimmt und zielstrebig. Da Sie eh schon an der Spitze stehen, klingt Präsidentin doch viel angemessener.

Sie gründen also ganz einfach ihre eigene Organisation in Sachen Charity. Hier haben Sie auch völlig freie Hand bei der Zielsetzung und Buchführung. Denn das Tollste an einer eigenen Hilfsorganisation ist, dass man selbst gar nicht viel Geld einbringen muss. Man sammelt einfach Spenden. Damit dies leichter ist und weil Ihnen selbst vielleicht auch nicht einfällt, wie man das viele Geld nun tatsächlich sinnvoll ausgeben soll, laden Sie einfach Ihre reichen und sorgenfreien Freunde ein, selbst Funktionäre ihrer neuen Organisation zu werden. Dann passiert beides ganz von alleine. Wenn Sie das alles richtig befolgt haben, sähe ihre Organisation in etwa wie folgt aus:

Stiftungspersonal von und zu

Sie haben also ihr Projekt durch lauter schöne Namen im wahrsten Sinne des Wortes geadelt. Die ersten Beträge kommen auf ihr Spendenkonto, gehen auch wieder ab und so langsam nimmt die Öffentlichkeit von Ihnen Notiz. Doch wie es mit der Öffentlichkeit so ist, kommen damit auch gleichzeitig die ersten Lamentierer und Kritiker. Die wollen nämlich wissen, warum man denn Ihnen das Geld geben soll und nicht namhafteren Organisationen und nicht zuletzt wollen Sie wissen: Was machen Sie eigentlich mit dem Geld? Also wirkliches Tun: Projekte, konkrete Hilfsleistungen und – man mag es kaum glauben – „Arbeit“ (ihgitt)

Weder machen noch machen lassen: Networking

Darüber sollten Sie sich schon vorher Gedanken gemacht haben. Ein Problem tritt nämlich auf, wenn Sie eigentlich gar nicht so richtig Ahnung von dem haben, wofür Sie sich engagieren wollen. Und was macht man, wenn man nicht weiß wie etwas geht? Richtig: Networking! Idealerweise machen Sie die Not zur Tugend und erklären, dass Sie nicht etwa selbst etwas machen, sondern den Anderen lediglich sagen wollen, dass etwas gemacht werden muss und wer das macht. Dafür gibt es heute einen tollen Begriff, „Netzwerken“ nämlich. Doch Obacht! „Netz“ ist ein in den meisten Kreisen sehr negativ konnotierter Begriff, denn er wird sehr schnell mit dem natürlichen Habitat von Pädophilen und Amokläufern – dem sogenannten Internet – in Verbindung gebracht. Erwehren Sie sich frühzeitig gegen den Verdacht, mit diesem „Internet“ in irgendeiner Verbindung zu stehen, indem sie subtil durchblicken lassen, von „Internet“ keinen blassen Schimmer zu haben. Dazu reichen schon Worte wie „Vermummungsverbot“ oder „Radiergummi“…

Sie können nun jedenfalls dem lästigen Vorwurf entgegentreten, sie würden weder die von ihnen geforderte Präventionsarbeit, noch Nothilfe oder sonst irgendeine irgendwie geartete, tatsächliche Leistung vollbringen. Ihr Anspruch ist es vielmehr, öffentlichkeitswirksame Forderungen zu stellen. Für die Medienwirksamkeit ist es am Günstigsten zu fordern, was sowieso jeder fordert, auch wenn Sie es selbst nicht wirklich befördern. Keine Sorge, das merkt so schnell ja keiner. Fordern Sie etwa Gewaltprävention oder auch mehr Geld für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Und bleiben Sie hart, zeigen Sie Profil! Gehen Sie sogar soweit und schreiben Sie Pressemitteilungen über Bittbriefe, die Sie in ihrer knallharten Art und Weise postalisch in die Schaltzentralen der Macht geschickt haben. Bleiben Sie darin möglichst pathetisch ohne sich auf irgendwelche tatsächlichen Projekte zu beziehen.

Wenn diese drastischen Maßnahmen allesamt noch nicht ausreichen sollten um ihr Gewissen zu beruhigen und das Gefühl einer guten Tat hervorzurufen, gehen sie anschließend einfach zu den Machern von reißerischen Fernsehbeiträgen und schönen Exploitationvideos. Lassen Sie sich anschließend in der Bildzeitung, dem deutschen Watchblog für Anstand und Sitte, dafür feiern. Wenn diese seriösen Mendien die Welt nicht besser machen – wer denn dann? Achja, und wer etwas anderes behauptet und immernoch gegen Sie vorzubringen hat, der muss offensichtlich selbst ein pädophiler, gewaltperverser Internettyp sein. Auch wenn er Vorsitzender eines Kinderhilfswerkes ist. Das sind die Schlimmsten – die nehmen Ihrer Hilfsorganisation nur das Geld weg und verblasen das in sogenannter „Wohltätigkeit“…

Veröffentlicht unter aktuelles, Gonzosophische Lebenshilfe | Verschlagwortet mit , , , , , | Schreib einen Kommentar