rau

Urbanes Wohnen, modernes Leben. Prekäre Gefühle an den Randzonen der Stadt. Man reibt sich an den rauen Wänden, der Wärme wegen wäre ich gerne ein Mensch geworden, was immer das noch heißt. Zwischen Einkaufsalleen und Flaniermeilen suche ich meine Gedanken zu ordnen, doch nicht einmal die Straßenführung hier hat klare Linie. Mir kommt was Feuchtes in die Augen, manchmal. Dann denke ich daran, dass ich mich nicht erinnern kann, wann ich das letzte Mal empfunden habe. Was es auch war. Hier spielt Empfindung so wenig seine Rolle, wie Ich trinke jeden Tag. Rituale, die durchs Leben führen strukturieren das, was übrig ist von mir. Das ist nicht viel. Das macht es leicht.

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Wochen Ende

Moralischer Ekel eigenen Angaben folgender moralischer Ekel widert mich an. Letztlich jedoch, bin ich milde gestimmt. Betreibe Schlussverkauf. Entleert. Freigeräumt. Einen Absacker noch, vom frischgepressten Schierling. Die Hände auf dem Bauch gefaltet, die Hoffnung auch, gürte ich meinen Hals. Liebe ist kein Bindemittel, was das Leben angeht. Hat mir nie etwas anderes gebracht als Geschwüre, Nekrosen der Seele. Aber bald ist wieder Jahrmarkt, Freakshow inklusive. Ich lege mich in Weingeist ein, vorsorglich. Wenn auch keine Attraktion, so doch zumindest Kuriosum – dazu tauge ich recht gütlich.

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Melatonin

Es sind schon gewisse Menschen, die nachts arbeiten. Langzeitstudenten, Außenseiter, Hängengebliebene. Wenn wir die Halle betreten ist es ebenso hell wie beim Feierabend um 6:00. Bier im Sonnenaufgang – kann gar nicht so gut klingen, wie es schmeckt. Der Tag bleibt unstrukturiert, die Nacht ist eliminiert. Kein Platz für Romantik. Und doch, man denkt daran, während man den Staub einatmet. Der Körper stellt sich darauf ein, kotet nach Feierabend ab, oder vor der Stechuhr. Wie alle anderen benötigt man ja einen Job um nicht herum sitzen und sich fatale Gedanken machen zu müssen. Man braucht banale Gespräche, um sich nicht einsam zu fühlen. Über Sinn darf man gar nicht erst nachdenken, der Lebenserwartung wegen. Wie viele Etiketten habe ich heute geklebt? Meine Hände haben nicht mitgezählt, meinem Kopf habe ich das längst abgewöhnt. Ich sehe gar nicht mehr hin. Ich kaue Kaugummi, bewege mein Kinn, nickende Bewegungen. Keiner stört uns, es ist ja noch lange nicht Zeit aufzustehen. Was man eigentlich braucht, in erster Linie, ist Geld. Oder jedenfalls hat man mir das gesagt. Irgendwann vor einigen Jahrzehnten gab es noch Lohntüten. Heute geht die Kohle aufs Girokonto. So wie man kein produktives Ergebnis seiner Arbeit sieht, bekommt man auch den Lohn nicht mehr zu sehen. Ein Phantasiebetrag, gedruckt in liniertes Papier. Hau’s raus. Alle hier rauchen, Drogen werden heimlich nur genommen. Die Arbeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang ist eigentlich eine recht junge Errungenschaft der Menschheit. Warum hätte man sowas auch tun sollen? Wer hätte sowas tun sollen? Wir räumen Regale. Ich bewege Stückgut. Mich bewegt nichts mehr. Absolute Arbeit, jedoch mit vielen Ruhetagen. Man sucht noch Leute, für Mittwochs vor allem. Ich suche auch noch, doch nicht nur für Mittwochs. Bisher hab ich noch nichts fallen lassen. Die Fehlerquote ist nachts nicht höher als am Tage. Nur gesprochen wird leiser und weniger Witze reißt man. Das ist ganz normal. Gott! Ein Schnaps wär jetzt genau das Richtige für diese letzte Stunde vor der Sonne. Wenn alle Augen Feuer dürsten in dem Staub der längst vergessenen Warenposten und die Nacht noch auf den Fenstern liegt. Helios, Dionysos, ein Götterfunke nur und es wird Licht.

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Twittern heißt: Viel zu Wenig sagen.

Überzeugen sie sich selbst.

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Dienstag (1)

„Zinkmann? Sind sie das?“ Er war es, verstand jedoch nicht, woher dieses Gebüsch seinen Namen kannte. „Zinkmann! Sie schickt der Himmel.“ „Professor Polkmann?“ „Ruhig doch! Ich bin recht inkommensurabel situiert, momentan – Ich benötige ihre Hilfe.“ Zinkmann trat an den sprechenden Dornbusch heran, um sich der Authentizität seiner auditiven Reize zu versichern. Inmitten einer Weißdornhecke fand sein Blick tatsächlich seinen Siezfreund Prof.Dr.Dr. Wilhelm Polkmann mit von Abschürfungen lädiertem, bloßem Oberkörper und inmitten einer beträchtlichen Ansammlung verschiedener Spirituosenflaschen, deren Inhalt aber auf nicht allzu mysteriöse Weise verschwunden war. „Entschuldigen sie, wenn ich diese Frage wieder einmal stelle, aber was…“ „Vexieren sie mich nun nicht mir ihren Fragen, Mann. Zur Hülf! Ihre Jacke.“ Zinkmann blickte an sich herunter, sein ausgemergeltes Jackett würde der Größe dieses Mannes kaum gerecht werden. Dennoch streifte er es ab und warf es in die Hecke. Diese begann sich unter kaum merklichem Rascheln zu bewegen und dabei leise, aber deftig zu fluchen. „Benötigen sie sonst noch etwas?“ erkundigte sich Zinkmann. „Ihre offensichtliche Amüsiertheit jedenfalls – mitnichten!“, blaffte es aus der Hecke. Nun erhob sich sein Jackett aus dem Strauch und kämpfte, mit prüfenden Blicken nach links und rechts, den Weg zur Straße hin frei. Der Professor brachte mühsam das Haupthaar in eine gewisse Form, dann klopfte er sich Staub und Weißdorn vom Körper. „So langsam komme ich um eine leichte Sorge nicht herum, Herr Professor, immerhin ist heute Dienstag.“ Polkmann wendete seinen verständnislosen Blick auf den Studenten. „Dienstag? Sonst haben sie keine Sorgen, als dass der Kalender heute einen von sieben möglichen Tagen zeigt?“ „Nun, wenn sie denn allesamt deckungsgleich wären, aber schließlich ist Dienstag ein sogenannter Werktag – einer der vorderen noch dazu.“ „Aha, dann hoffe ich, sie sterben an keinem Montag, Zinkmann, sonst verdirbt ihnen das noch die ganze Woche.“ So würgte Polkmann die Diskussion ab, kramte mühsam einen blauen Inhalator aus der Hosentasche und nahm einen tiefen Zug. Seine Augen strahlten. „Frisch ans Werk, Zinkmann! Immerhin ist Dienstag, der Wochentage fast zuvorderster!“ Sprach’s und stampfte energisch die Straße hinab. Zinkmann blickte ihm nach. Bedächtig nahm er eine Zigarette aus seinem Etui und klopfte sie ein paar Mal auf den Deckel. „Zum Seminar geht’s dort entlang, ihro Magnifizenz.“

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