Endlich mal keine Panikmache

Kein Schwein

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26.

Da gab es vor kurzem so einen Tag, der eigentlich kaum der Rede wert war. Ich saß in einem Park, irgendwo am Rande einer Grünfläche. Um mich herum waren Menschen: Nicht zu viele um sich bedrängt, nicht zu wenige um sich in einem Park seltsam zu fühlen. Ich las ein Buch, rauchte eine Zigarette. An diesem Tag dort fühlte ich mich vollkommen unwohl. Weder hatte das mit den Menschen dort zu tun, noch mit dem Rasen, den Hunden oder Fahrrädern. Eigentlich war ich nur dort, um mich von meiner misslichen Laune abzulenken. Warum man dazu Dinge tut, die einem viel zu blöd erscheinen würden, wäre man im Vollbesitz seiner emotionalen Kräfte, ist mir noch nie ganz klar geworden. Man macht es einfach – wie so Vieles. Und obwohl es selten den gewünschten Erfolg bringt, lässt man es nicht sein: Sich in den Park setzen; sich Menschen annähern. Eines führt nun mal zum anderen und insgesamt ist es kaum der Rede wert.
Gestern tat ich einen ganzen Tag lang nichts – gar nichts. Weder setzt ich mich in den Park noch auf irgendeine andere Art einem Menschen aus. Gestern fühlte ich mich vollkommen unwohl. Womit genau das nun zu tun hatte, ich vermute wohl wiederum mit den Menschen und der Nähe. Vielleicht lag es aber auch an mir. Ich verwechsle mich zu oft mit jemandem, den ich mag. Deshalb bin ich wohl auch mein meistverwandtes Wort. Nun überlege ich jedenfalls, was mir der morgige Tag bringen wird und auf welche Art ich mich dieses Mal unwohl fühlen werde. Abwechslung macht das Leben süß.

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Fuselentropie, Rosenfäule. Ich liege blank. Längsseits liegt das Leben – klafterweise nehm ich Abschied. Alles Erde, Schritt für Schritt. Höre nichts, sage kein Wort. Abgeschlossen, vergraben. Noch ein Schluck, ein Bissen Fleisch. Wegzehrung. Te Deum. Me damnu. Verwesen, bezogen. Ungesehen. Dichte verschluckt. Dich längst ausgespuckt.

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temporär

Hass ist ein tragendes Gefühl. Ich hasse selten, selten länger als ein paar Stunden. Wenn ich hasse, dann meist spezifisch. Nicht Menschen sondern Eigenschaften, Verhalten. Es gab in meinem Leben kaum Personen, die ich in Gänze zu hassen in der Lage war. Aber es gab sie, an drei Fingern abzuzählen. Hass war dabei für mich immer etwas Reflexives. Niemals habe ich jemanden getroffen, den ich auf Anhieb hasste. Alle, die ich einmal hassen sollte, waren mir vorher sympathisch. Ich denke sogar, man muss mir erst recht nahe kommen, bevor ich so etwas Persönliches wie Hass entwickeln kann. Sonst reicht es höchstens zu Verachtung, mit der ich wenig sparsam bin. Auch Wut kommt auf. Aber Wut hält sich nicht auf Dauer. Hass vermag länger zu brennen. Legt sich in jeden Gedanken. Und er legt sich mit der Zeit, gänzlich. Oft denkt man im Nachhinein, was es denn diesen Menschen, diese Situation würdig machen würde, sie zu hassen. Dem hält wenig stand. Vieles löst sich in bloße Verachtung auf, die man mit einem Lächeln ausleben kann. Lachen wir zusammen darüber. Was bleibt uns übrig?

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Gedankenspiele

Der Mann saß am Fenster. Die Frau an ihrem. Draußen war es längst dunkel geworden. Wie einfach doch die Sprache ist, dachte er, ein bloßes t macht die Liebe zur Vergangenheit. Wäre das Denken doch rein sprachlich. Sie dachte an viele Dinge, nicht aber an Liebe. Schon rein sprachlich lehnte sie dieses Wort ab. Der Mann ging an die Luft. Er trank um sich an seinen besoffenen Gedanken zu berauschen. Die Luft benötigte er in erster Linie um zum atmen (Kathartischer Ricorso). Sie trank nicht. Sie trank nicht mit ihm. Sie dachte nicht daran, mit ihm zu trinken. Sie dachte nicht an ihn. Er dachte darüber nach, was sie wohl am liebsten trinkt. Nach einer Stunde kam er an ein künstliches Gewässer. Ein Naherholungsgebiet – auch für ihn. Atem lassen, kopfüber, trinken. Seine Gedankenspiele waren immer recht morbide gewesen. Sie dachte da eher praktisch. Klingen sind Werkzeuge, keine Lösungen und die Menschen waren es doch, die töteten. In den meisten Fällen taten sie das in einem gegenseitigen Verhältnis. Solche Arbeitsteilung ist sozialer Nexus der Menschheit. Eigentlich war die Geschichte längst passé. Nur seine Gedanken führten sie weiter, knüpften das Alte in die Gegenwart, ununterbrochen. Er starrte auf das Wasser. Sie hatte sich längst schlafen gelegt. Er wollte nichts als schlafen. Achtlos lief er zurück nach Hause. Trat gegen Unrat auf dem Bürgersteig und wechselte häufig die Straßenseite. Autos erfassten ihn nicht, wenig war noch in der Lage, ihn zu umgreifen. Längs verlief ein flacher Straßengraben, dort setzte er sich an die Böschung. Er zündete eine Zigarette. Schließlich legte er seine Kleider ab und badete in Selbstmitleid.

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