Medienforum Mittweida – Das Plagiat und der Gonzosoph

Der Reportage erster Teil

Was lernt man auf einem Medienforum? Menschen kennen, eventuell auch sich selbst. Wo fängt man da an? Der Tag fängt mit der Nacht an, nicht mit dem Morgen. Vor Allem wenn man wiederholt nur ein paar Stunden schläft und um vier aufsteht, spielen in der Folge Uhrzeiten eine weitgehend untergeordnete Rolle gegenüber dem aufbegehrenden Kopfschmerz. Die Nacht jedenfalls war interessant und Baldrian ist ein zu recht kultiviertes Gewächs. Ich fahre also mit dem Zug buchstäblich quer durch Deutschland, den Kummerbund an Germanias Taille entlang in den tiefen Osten Die Haare hatte ich mir schneiden lassen, das Kaugummi von meinem Sakkoärmel geknibbelt – ich lehne mich einfach viel zu gerne irgendwo an – und die doch schon ziemlich ramponierten Schuhe geputzt. Allem Anschein nach ein gut integrierter und respektabler Bürger, nur etwas blass.

Das Thema würde die Verbreitung von Plagiaten innerhalb des Literaturbetriebes sein. Nicht, dass ich dazu einen großen Sachverstand mitbrächte. Eingeladen hatte man mich wohl aufgrund der Einfachheit, jemanden wie mich zu Googeln, sofern man nach den richtigen keywords sucht. Welche Rolle dabei spielte, dass ich Blogger und vielleicht sogar Autor in spe bin, kann ich nicht wirklich beurteilen. Sich selbst unter Juristen und Funktionsträgern als Exot zu sehen, erschien mir jedenfalls als sehr angenehm. Bezahlt werden würde jedenfalls alles und außerdem: Was habe ich schon zu verlieren, außer meinem Selbstbild? Unter Mittweida konnte ich mir so recht nichts vorstellen. Als ich die Einladung bekam, habe ich erst einmal nachgesehen, ob es das überhaupt gibt. Die Bildersuche spuckte zuvorderst das Foto zweier Glatzen auf einem Mofa aus, welche stolz Reichskriegsflagge und Hitlergruß präsentierten. Das absolute Ostklischee müsste einem an der holländischen Grenze Geborenen doch auch die 14 Stunden Zugfahrt wert sein. Die Seite des Medienforums Mittweida selbst wirkte professionell, dass Interesse an meiner Person ehrlich, wenn auch von meiner Warte aus unverständlich. Dennoch schlage ich ja kaum einmal die Gelegenheit aus, wenn man mich öffentlich reden lassen will:

Vom Raubdruck und seinem kreativen Potential

Das Plagiatsverbot in der Literatur ist eine englische Erfindung und anders als Rechtsradikalismus dem historischen Deutschen eher wesensfremd. Er raubdruckte ungestraft noch gut hundert Jahre vor sich hin, während der britische Autor längst geschützt wurde. Trotzdem bot der deutsche Literaturbetrieb zu dieser Zeit mehr Autoren auf und entlohnte diese dabei teilweise sogar wesentlich besser, als dies jenseits des Kanals üblich war. Im Empire Luxusware und kaum erschwingliches Statussymbol, wurden Bücher hierzulande eher verschlungen – als günstiges Konsumprodukt. Dadurch erhielten sie Breitenwirkung und das Romanelesen diente nicht bloß Distinktion sondern Identitätsbildung, wurde stil-, sinn- und namengebend für eine ganze Epoche. So war ich auf die Diskussion vorbereitet, in der es laut Programm sicher weniger um den ‚Raubdruck‘ als um das, wie Iris Radisch es in der causa Hegemann nennt, ‚falsche zitieren‘ gehen würde. Darum also, inwieweit Autoren Quellen ohne explizite Angabe oder Absprache verwenden, verändern und die Ergebnisse verkaufen dürfen, ohne sich stilistisch, juristisch oder moralisch schuldig zu machen.

Diese Debatte ist theoretisch nach Poststrukturalismus und Entdeckung der Intertextualität nicht einfacher, juristisch nach den Urheberrechtsexplosionen des vergangenen Jahrzehnts sicherlich relevanter geworden. Da ich mich aber in der Theorie nicht auskenne und das Recht jenen überlasse, die sich daran halten, ist die Sache für mich noch immer recht einfach: Es geht nicht darum, ob übernommen, übertragen oder übervorteilt wurde, sondern schlicht und einfach um die etwaige Verschleierung dieser Vorgänge. Die liegt dann vor, wenn maßgebliche Quellen nicht angezeigt und womöglich der relevanten Öffentlichkeit auch gar nicht bekannt sind. All das in einem Umfang und einer Nähe zur Quelle, dass es einem unangenehm auffiele, wenn man diese kennen würde Ein Beispiel:

Bin ich Schiller? Nein!

Zitiere ich in meinem Tagebuch einmal einen Sinnspruch Schillers ohne es weiter als Zitat auszuweisen, dann sollte man das auch so merken oder könnte es zumindest merken, da Schiller durchaus bekannt ist. Außerdem veröffentliche ich es nicht. Will man mir hier also Täuschungsabsichten unterstellen, müsste man mich für ziemlich dämlich halten. Druckt jedoch jemand längere Passagen meines Tagebuchs ab ohne meinen Namen dabei auch nur zu erwähnen, wäre ich für diesen eigentümlichen Versuch meine Privatsphäre zu schützen kaum sonderlich dankbar. Der Kopist könnte mit Sicherheit davon ausgehen, dass meine Tagebucheinträge von hoher Qualität und dennoch völlig unbekannt sind. Gewinn winkt. Solch ein Vorgang ist natürlich etwas völlig anderes als der formale Vorwurf des falschen oder das stilistische Manko des übermäßigen Zitierens erfassen. Man kann vom Diebstahl geistigen Eigentums sprechen.

Das Beispiel muss jedoch als Idealfall gesehen werden. Die Übergänge sind fließend und was noch Inspiration, was schon Plagiat ist, lässt sich literarisch gesehen wohl schlicht nur über die äußerst problematische Kategorie der Glaubwürdigkeit des Autoren oder, wie im Fall H., der Autorin entscheiden. Richtig ist nämlich, dass unangezeigtes Übernehmen von fremden Werken auch bei äußerst angesehenen Autoren durchaus Tradition hat. Einem Brecht verzeiht man es, weil man davon ausgeht, dass er schlichtes Stehlen nicht nötig habe. Auf diesen Punkt zielte auch die aktuelle Debatte ab. Wo von Kritikern, die „Axolotl Roadkill“ teilweise einfach nicht mochten, vor allem die Glaubwürdigkeit der Autorin angegriffen wurde, verteidigten andere nicht das Buch oder die Autorin gegen einen Plagiatsvorwurf, sondern ihre Authentizität und ihre literarischen Fähigkeiten. Hier geht es nicht um eine juristische Frage, sondern um ein Image – um Markenbildung. Es ließe sich auch kaum bestreiten, wie wichtig das Image eines Autors für seine Verkaufszahlen ist. Nicht erst die autobiographische Welle hat gezeigt, dass es viel entscheidender sein kann, wer ein Buch schreib(en läss)t, als was tatsächlich drinsteht.

Der Autor ist zwar tot, wird aber gut bezahlt

„Ja aber halt!“, werden die literaturwissenschaftlich Gebildeten unter Ihnen jetzt sagen, „amerikanische Wissenschaftler haben doch längst herausgefunden: Der Autor ist tot. Es gibt nur Text.“ Der Leser kauft jedoch etwas Anderes als bloßen Text. Natürlich hat der Einwand trotzdem Berechtigung und, ganz wie in den 90er Jahren, im Grunde jeder Recht: Ohne ein Werk an den Autoren zu koppeln macht ein Plagiatsvorwurf freilich keinen Sinn. Text ist Text und ebenso wenig Rechtsperson, die man anklagen könnte, wie Redundanz ein Straftatbestand ist. Der Autor will etwas übernehmen, weil er es nicht besser herzustellen vermag und es soll dennoch so erscheinen, als hätte er dieses Potential selbst entwickelt – dem Autoren ist etwas vorzuwerfen. Das einmal fertig gestellte Werk ist jedoch auf eine gewisse Weise vom Autoren losgelöst und für sich zu betrachten. Die Kopie kann maßgeblicher sein als das Original und auch einen hohen literarischen Wert besitzen. Nichtsdestotrotz muss sich der Autor den Plagiatsvorwurf in oben entwickeltem Szenario gefallen lassen, denn hier geht es nicht nur um Literatur, sondern auch ums schnöde Geld. Das hat sich verdient, wer etwas erschafft. Aber: Ein veröffentlichtes Werk soll den Autoren gerade deshalb zu Recht Geld einbringen, weil sie es für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Autoren und Öffentlichkeit haben dabei ihr Recht, letztere das Nutzungsrecht. Dieses macht nicht beim bloßen Konsumieren halt, denn Bücher werden nicht verdaut und wieder gänzlich ausgeschieden. Sie stiften Inspiration, schaffen Anknüpfungspunkte und gehen – hoffentlich – prägend in die Kultur ein. Wo jedoch nicht an ein Werk angeknüpft, sondern abgeschnitten wird, da lohnt der kritische Blick und eventuell die juristische Klage.

Die aktive Nutzung des kreativen Potentials eines Werkes scheint jedoch in der neueren Entwicklung des Urheberrechtes allenfalls eine untergeordnete Rolle zu spielen, gerade weil es immer stärker auf den Schutz der bloßen Konsumprodukte abzielt. Diese Spezialisierung führt jedoch nicht zu einem Anheizen von Kreativität, wie etwa in den Anfängen der Literatur ohne Urheberrecht, sondern zu einer regelrechten Flut von Klagen gegen vermeintliche Urheberrechtsverletzungen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich kann durchaus verstehen, dass in den Bereichen Popmusik und Mainstreamkino, auf welche die Verfechter dieser Verschärfung des Urheberrechts abzielen, Zweifel an der weiteren kreativen Nutzbarkeit der hergestellten Produkte gehegt werden. Sie werden ja einzig deshalb hergestellt, damit viele Leute davon leben können und zwar wesentlich besser leben können, als der Rest. Dementsprechend muss jede weitere Verwendung oder Veränderung als verdächtig gelten. Aber an diesem Punkt beende ich lieber den ersten Teil meines Berichtes über das Medienforum Mittweida, da mir zuletzt vorgeworfen wurde Ressentiments zu haben – gegen Leute, die besser (d.h. vornehmlich reicher) leben als ich. Sollte das der Fall sein, beruht das sicher zum Teil auf Gegenseitigkeit. Gerade in diesem Punkt sollte das Medienforum Mittweida für mich zur spannenden Erfahrung werden, versetzte es mich doch in eine völlig ungewohnte Umgebung. In einem VW Phaeton für über 100.000 Euro Listenpreis hatte ich vorher nämlich noch nie gesessen. Davon aber wie gesagt später mehr, denn das bisherige hatte ich geschrieben, bevor ich überhaupt in Mittweida angekommen war. Sie dürfen also gespannt sein. Ich war es jedenfalls.

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Gonzosoph auf großer Fahrt

Man mag mein Tun im Großen und Ganzen ja als brotlose Kunst bezeichnen. Ich tue es. Das heißt jedoch nicht, dass nicht ab und an mal Etwas dabei herum kommt. Zum Beispiel eine Einladung aufgrund eines, meiner Feder entstammenden Artikels an einer Podiumsdiskussion auf dem 14. Medienforum Mittweida teilzunehmen – Spesen inklusive. Es findet übrigens heute statt; Karten gibt es sicher noch vor Ort zu erwerben. Das Thema wird die nicht mehr ganz so aktuelle Debatte über Plagiate in der Literatur sein. Diskutiert wird mit einem Juristen, einem Arbeitnehmer- sowie einem Arbeitgebervertreter für Schriftsteller und natürlich mit mir. Mein Resümee wird hoffentlich bald hier zu lesen sein. Persönlich bin ich ja recht kritisch gegenüber überzogenen Auffassungen von „geistigem Eigentum“ gerade in der Literatur. Grundsätzlich gilt: „Eigentum ist Sklaverei“. Wo wir jedoch gerade von Arbeitnehmern und –gebern sprechen – neuerdings bin ich Freiberufler und meine textlichen wie interpunktuellen Dienstleistungen für jeden Menschen meiner Wahl preisgünstig verfügbar. Ein eigenes Webangebot „Text’s and More to go“ steht zwar noch nicht, aber bei Bedarf bin ich über die üblichen Kanäle erreichbar. Mailt mich an!

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„Was immer war und immer wiederkehrt“

Wenn Sie sich fragen sollten, warum von mir nichts mehr zu hören ist, dann möchte ich Ihnen zur Abwechslung keine Antwort schuldig bleiben: Ich weiß nämlich einfach nicht mehr, was ich sagen soll. Jeder Blick in die Nachrichten veranlasst einen ja nur noch laut und unter Tränen zu lachen. Heute beklagen sich etwa die Hausärzte lautstark darüber, dass gegen sie ein „Krieg“ geführt werden würde. Dieser gefühlte Krieg beruht darauf, dass ihr Einkommenszuwachs in den letzten 24 Monaten lediglich so hoch war, wie der Einkommenszuwachs des durchschnittlichen Arbeitnehmers in den letzten 10 Jahren, der damit in Anbetracht der Inflation über diesen Zeitraum übrigens gesunken ist. Da deutsche „Arbeitnehmer“ immer weniger verdienen, sind wir mittlerweile unter den drei wettbewerbstauglichsten Staaten der Welt. Hurrah! Die Verantwortung für diesen Fortschritt hat heute übrigens die Kanzlerin voll und ganz in einer Bekennerrede übernommen. Leider muss man sagen, dass die SPD in ihrer Regierungszeit daran mitgeschafft hat.

Das kann man übrigens auch in OECD-Studien nachlesen, deren Lektüre für einen fatalistischen Menschen wie mich mittlerweile ebenso amüsant ist, wie jedes Satiremagazin. Noch besser sind natürlich die Reaktionen der Regierung auf besagte Studien. So kommentierte Frau Schavan die jüngste OECD-Bildungsstudie, nach der in Deutschland die Bildung schlechter sei und langsamer an Qualität gewinne, als in den Vergleichsländern – noch dazu verschlechtern sich die Bildungschancen für sozial Schwache natürlich umso stärker – mit den frohen Worten: „Die Studie zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.“ Na wunderbar! Endlich gibt mal jemand zu, dass dies gewollt und nur ein vermeintliches Problem ist. Wer will denn auch, dass all das asoziale Gesocks irgendwann bessere Noten oder gar Berufschancen bekommt, als der eigenheimische Hosenmatz. Elitär muss man immer noch sein dürfen, alles andere wäre Sozialismus. In diesen Rahmen lassen sich auch die Eliten- und Stipendienprogramme einordnen, wie der Sarazene sie sich nicht besser hätte wünschen können. Anders als in dessen Buch nämlich behauptet wird, sind „nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ die Kinder von Dummen keineswegs dümmer, sondern höchstwahrscheinlich schlichter Durchschnitt. Ebenso wie die Kinder von Hochintelligenten mit hoher Wahrscheinlichkeit dümmer sind, als sie selbst. „Denn das ist ja logisch.“ Sie sollten sich also bestenfalls nicht für zu intelligent halten, wenn Sie für Elitenförderung sind – Ihre Kinder werden es Ihnen danken.

Beim Durchschnittsintellektuellen hängt übrigens der erreichbare soziale Status eklatant mit der basalen Bildung zusammen. Hier ließe sich mit Wenigem bei Vielen viel erreichen. Das ist aber, wie gesagt, nicht gewollt und so gibt man lieber viel aus, um bei Wenigen Weniges zu erreichen. Diese Wenigen sind aber oft man selbst. Und das ist dann doch besser, als wenn der Ali nun Abitur und mir Konkurrenz macht. Der soll doch lieber in der Lehre bleiben und dann für wenig Geld schwarz meinen Garten umgraben. So haben schließlich Alle was davon – der Ali Arbeit und ich mehr Geld für den Zweiturlaub auf Gran Canaria.

Oh, über all das habe ich ja ganz vergessen, dass wir in den letzten Tagen eine „Revolution“ in Deutschland erlebt haben. Wie Frau Merkel dieses Wort in den Sinn gekommen sein mag, sollte man vielleicht gleich den Atomlobbyisten fragen, der es ihr in den Block diktiert hat. Er scheint seinen Job jedenfalls besser zu machen als eine Kanzlerin, die nunmehr Milliardeninvestitionen in neue Energien ankündigte und ebenfalls Milliarden für marode Haushalte herangeschafft sieht. Leider vergessen hat sie wohl, dass jene maroden Meiler, die sowieso schon seit Jahren über ihr Verfallsdatum hinaus betrieben werden, so langsam völlig auseinander fallen. Der fleißige Lobbyist natürlich nicht, und deswegen können zukünftig die hohen Investitionskosten, die durch die Sanierung der kaputten Klötze anfallen, einfach von den vereinbarten Investitionen in erneuerbare Energien abgezogen werden. Sollte übrigens die geringe Steuer für Plutonium, das in jedem Falle geringer als Heizöl besteuert wird, erhöht werden, raten sie mal, wovon wiederum dies abgezogen würde.
Fraglich ist generell, wie man durch dieses schon nicht mehr Milliardengeschenk an einige, wenige Konzerne – ein Atomkraftwerk nennt ja nun nicht jeder sein Eigen – den doch allgemein als mangelhaft bezeichneten Wettbewerb innerhalb des Energiesektors fördern will? Gäbe es diesen nämlich, würde durch billigere Preise wohl der Strompreis sinken. Da dies aber sicher nicht passieren wird – was sinkt dann eigentlich statt dem? Wohl wie im Gesundsheitssektor – ganz einfach das Niveau.

Ich frag mich all das nicht mehr. Ich sitze hier in meinem Sessel und wische mir ein heiteres Tränchen aus dem Augenwinkel. Wenn uns die sarazenische Eugenik-Debatte eines gezeigt hat, dann dass man nicht traurig sein muss, sofern Deutschland ein bisschen verreckt. Verdient hat es wohl nichts anderes.

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Momentan ist mehr nicht drin

Zorn, der keinen Adressaten trifft. Drogen ohne Bewusstsein. Verschwendete Mühen. Leerraum, Abraum zu füllen mit Gefühlen, gäbe es welche. Da wo Menschen aufeinanderprallen, in den Korridoren purer Verzweiflung. Und jemand findet doch sein Glück, so nennt er es. Doch dieser jemand bist nicht du.

Ich habe mir einen Aufguss bereitet, koche fetzenweise Vergangenheit auf und rühre lustlos in dem Sud herum. Mein Leben hatte nie Struktur. Also denke ich nach, schließe die Augen. Doch da sind nur die trüben Partikel schemenhafter Staubgebilde auf meinen Pupillen. Kein Gedanke, der mich heilen könnte.

Ich habe einen schönen Traum geträumt, in dem ich verstand, sie mich verstand. Ich wachte wortlos auf und habe nun nichts mehr zu sagen. Schlafen darf ich nicht mehr, will ich nicht zum Träumer werden. Nicht, dass ich schlafen könnte.

Schlägt immernoch in meiner Brust etwas. Gleich Geschwülsten frisst sich Leben durch mein Dasein, blutet Willen in den Tag. Ein kurzer Funken und dann ist da nur noch warme Luft, lange Atempause und der Schweiß, der kommt wenn mein Gedanke dich berührt.

Niemand anbei. Ein Mensch der dich zerstört, so nenn ihn Freund. Es gibt sonst keinen Menschen mehr.

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Wir sind Bundespräsident!

War das nicht schön? Public Viewing, banges Warten, strahlende Sieger und sportliche Verlierer. So unterhaltsam kann zerfahrene Politik sein, dass sie an einem fußballfreien Tag bis in den späten Abend hinein im Fernsehen live übertragen wird. Alles begann mit dem Hinschmeißen, mit Debakeln, Menetekeln und großen Coups. Am Ende steht nach überdurchschnittlich langem Wahlgang ein durchschnittlicher neuer Bundespräsident, mit dem zumindest vorerst wohl niemand richtig unzufrieden sein kann. Gauck steht für eine Weltsicht, in der Freiheit von Verantwortung nicht zu trennen ist, also alles andere als Beliebigkeit heißt. Ein unzeitgemäßer und recht sympathischer Ansatz, der für die Linke leider weiterhin unwählbar erscheint. Das Zeitgemäße hat sich wie erwartet durchgesetzt; beim Public Viewing singen die Zuschauer die obligatorische Nationalhymne am Ende der Sitzung mit. Die Fans jedenfalls beklatschen auch einen Wulff. Man wünscht ihm viel Glück… nicht dass man es in diesem Amte brauchen würde. Ich gebe ab, warte derweil auf die Autokorsos.

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